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Sind Schwule im Schnitt intelligenter?

20. April 2023
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Am Ostersonntag waren meine Freundin und ich zu einem privaten Buffet in einer Studentenbude in Groningen eingeladen. Mitgebracht haben wir ein überdimensioniertes Schokoladenosterei, einen Gemüseauflauf und zwei Flaschen Limoncello. Immerhin kennen sich meine Freundin und die Gastgeberin aus ihrer Schulzeit in Italien. Die Akademikerquote unter den 18 Gästen beträgt satte hundert Prozent.

Bei dieser Gelegenheit lerne ich auch den 22-jährigen Erfinder Fionn Ferreira kennen, der zu den vom Forbes-Magazin gekürten 30 unter 30 gehört und u. a. beim World Economic Forum im Jahr 2020 gesprochen hat. Der irische Tüftler deutsch-portugiesischer Herkunft hat eine Methode entwickelt, mit der man die Meere von Mikroplastik befreien könnte. Noch vor dem Bachelor. Zurzeit absolviert er einen Masterstudiengang in Chemie an der Universität Groningen, verbringt aber auch viel Zeit auf Forschungsschiffen. Die nächste Reise führt ihn beispielsweise nach Spitzbergen. Auf dem Nachhauseweg erwähne ich meiner Freundin gegenüber, dass mir der Kerl sehr imponiert habe, ich allerdings das Gefühl nicht loswürde, er sei „vom anderen Ufer“.

Das ist für sie nichts Neues. Sie geht kurz im Kopf die anderen Gäste durch und sagt bei nicht weniger als fünf weiteren Personen, sie seien homosexuell. Mein Hirn fängt an zu rattern und ich bringe nur heraus, dass das ein unglaublicher Zufall sei. Ganze 33 Prozent sind das! „Warum überrascht dich das?“, fragt sie? „Weil nur zwei bis drei Prozent der Menschen homosexuell sind. Das ist ja eine genetische Veranlagung.“ „Das kann ich nicht glauben. Das klingt bei dir so, als wäre es eine Krankheit. Ich glaube nicht, dass Homosexualität etwas mit den Genen zu tun hat“, schnaubt sie. „Nicht jede genetische Veranlagung ist gleich eine Krankheit“, sage ich beschwichtigend.

Offenbar stimmen die über zehn Jahre alten Zahlen von 1,5 bis drei Prozent, die ich im Kopf hatte, nicht mehr mit den heutigen Gegebenheiten überein. Tatsächlich definieren sich mittlerweile 21 Prozent der Angehörigen der Generation Z nicht als heterosexuell. Bei den Millennials waren es noch 10,5 Prozent, bei den Vertretern der Generation X 4,2 Prozent, bei den Boomern drei Prozent, und bei den Menschen, die 77 oder älter sind, gar nur 0,8 Prozent. Wenn man davon ausgeht, dass es neben mir höchstens einen weiteren Millennial auf der Feier gegeben hat, relativiert sich die erstaunliche Dichte an Homosexuellen etwas, ist aber immer noch überdurchschnittlich hoch. Auch von den fünf männlichen Bewohnern auf meinem Stockwerk im Studentenwohnheim sind zwei definitiv schwul (das haben sie mir selbst gesagt) und bei zweien hat es zumindest den Anschein. Wenn wir von den beiden Wackelkandidaten einen abziehen, ergibt sich dennoch ein Schwulenanteil von 50 Prozent. Gleichzeitig waren von den Hunderten von Soldaten, Seeleuten, Binnenschiffern, Erntehelfern, Landschaftsgärtnern und Küchenhilfen, mit denen ich in meinem Leben malocht habe, kaum eine Handvoll schwul.


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Da die Quote unter meinen männlichen Kommilitonen ebenfalls sehr hoch liegt, gerade die männliche Homosexualität aber immer als genetische Veranlagung verkauft wurde, kam mir der Gedanke, Homosexualität und Intelligenz könnten positiv miteinander korrelieren. Und in der Tat: Einer Studie zufolge haben mehr als die Hälfte der schwulen Männer in den USA einen Hochschulabschluss, während es bei den heterosexuellen Männern nur rund 35 Prozent sind. Auch die Noten sind bei den Schwulen durchschnittlich besser. Die Zahlen für das Jahreseinkommen, ein weiterer Proxy für den Intelligenzquotienten, weisen in dieselbe Richtung. Auf lesbische Frauen trifft das allerdings nicht zu. Sie werden von ihren heterosexuellen Geschlechtsgenossinnen überflügelt. Natürlich gibt es auch hierfür soziologische Erklärungen und ein Anstieg der genetischen Prädisposition für Homosexualität (über den Umweg einer höheren Fertilität weiblicher Verwandter) in solch schwindelerregende Höhen in so kurzer Zeit ist nahezu ausgeschlossen.

Gut möglich, dass manch ein Boomer heimlich schwul ist, aber die allermeisten? Mir erscheint das nicht plausibel. Wahrscheinlicher ist es, dass man von den 21 Prozent Gen-Zlern einen veritablen Teil abziehen kann, der nur angibt, nicht heterosexuell zu sein. Immerhin ist es zurzeit hipp, der LGBTQXYZ-Community anzugehören. Oder man müsste das Postulat, Homosexualität sei genetisch bedingt, aufgeben. In diesem Fall gäbe man aber den Kritikern der Regenbogen-Propaganda Nahrung, denn wenn die eigene Sexualität nicht einer genetischen Veranlagung entspringt, sondern durch die Umwelt geprägt wird, dann spielt es sehr wohl eine Rolle, was im Kinderkanal läuft.

Aber sind schwule Männer nun durchschnittlich intelligenter als heterosexuelle? Satoshi Kanazawa vertritt diese These in einem 2012 im Journal of Biosocial Science publizierten Aufsatz. Er geht von der Prämisse aus, dass intelligentere Individuen eher dazu neigen, neue Wege zu beschreiten, auch sexuell. Plausibler erscheint mir ein anderer Erklärungsansatz: Schwule Männer sind schlichtweg fleißiger und ähneln darin ihren heterosexuellen Mitschülerinnen und Kommilitoninnen. Immerhin muss man nicht superschlau sein, um zu studieren. Mich selbst zieht es beispielsweise in regelmäßigen Abständen an die Akademie zurück, weil ich zugleich wissensdurstig und arbeitsscheu bin.

Jonathan Stumpf

Jonathan, dem der Libertarismus als geborenem Ami eigentlich in die Wiege gelegt wurde, benötigte dennoch einige Umwege und einen Auslandsaufenthalt an der Universiteit Leiden, um sich diese politische Philosophie nachhaltig zu eigen zu machen. Zuvor hatte er bereits im Bachelor auf Staatskosten zwei Semester in Rumänien zugebracht. Wie jeder Geistes- oder Kulturwissenschaftler mit Masterabschluss, der etwas auf sich hält, bewegt Jonathan etwas in unserem Land. In seinem Fall sind es Container. Er hat im Sommer 2021 als Decksmann auf einem Containerschiff angeheuert.

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