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Wer hat Nord Stream gesprengt?

15. Februar 2023
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Man sagt ja immer, dass die höchste Auszeichnung für Journalisten Selbstmord durch zwei Kugeln in den Hinterkopf durch die Hände eines CIA-Agenten sei. Der Pulitzer-Preis-Gewinner Seymour Hersh, „jener legendäre amerikanische Enthüllungsjournalist, der 1969 weltbekannt wurde, weil er das Massaker von US-Soldaten in dem vietnamesischen Dorf My Lai aufdeckte“, ist heute vor einer Woche in Ungnade gefallen, weil er den Hass über die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines gesagt hat.

Nun ist er laut dem „Spiegel“ ein „umstrittene(r) US-Journalist“, der „in einem schwach belegten Blogbeitrag schreibt, die Amerikaner hätten Nord Stream gesprengt. Auch auf Wikipedia schreibt man fleißig die Historie des Mannes um. Unmittelbar nach seinem Artikel fügte man in die Kopfzeile seines Wikipedia-Eintrags den Satz hinzu:

„Seine jüngeren Veröffentlichungen, u. a. zur Tötung von Osama bin Laden und zu Giftgasangriffen in Syrien, wurden mit Verweis darauf kritisiert, dass sie weitgehend auf wenigen anonymen Quellen basieren.

Dieser Satz war bis zu seiner Ketzerei am vergangenen Mittwoch nicht zu sehen, wie man in der archivierten Version erkennen kann.

Die Anonymität seiner Quellen war der Hauptangriffspunkt bei seinen neuesten Enthüllungen; vielleicht ist das auch der Grund, warum der „The New Yorker“-Redakteur David Remnick behauptet, er würde die Identität aller ungenannten Quellen Hershs kennen. Er erklärte gegenüber der „Columbia Journalism Review“:

„Ich kenne jede einzelne Quelle in seinen Arbeiten […] Jeden pensionierten Geheimdienstmitarbeiter, jeden General mit Grund, ihn zu kennen, […] Ich frage [Hersh]: ‚Wer ist das? Was ist sein Interesse?‘ Und wir sprechen es durch.“

Im Wikipedia-Artikel über Seymour Hersh verdient diese Aussage über dessen Integrität keine eigene Überschrift, stattdessen wird sie bloß an die Kritik über derartige Intransparenz rangepappt.



Nichtsdestotrotz war es sehr interessant, was der einst von der Presse so frenetisch gefeierte Investigativjournalist zu erzählen hatte: Laut einer (laut ihm) mit der Operation vertrauten Quelle liefen die Vorbereitungen auf den Anschlag schon seit Dezember 2021, unmittelbar bevor Biden Anfang letzten Jahres bei einem gemeinsamen Auftritt mit Scholz damit prahlte, im Falle eines russischen Einmarsches in die Ukraine die Nord-Stream-Pipelines zerstören zu können.

Laut Hersh hatte die CIA die Regierung informiert, einen Plan gefasst zu haben. Nach langen Diskussionen über U-Boote oder aus der Luft abgeworfene Bomben mit Zeitzünder war man zu dem Schluss gekommen, die besten Karten bei der großen NATO-Übung im Juni zu haben. Dort wollte man Kampftaucher im Rahmen einer Minenübung vor der Küste von Bornholm, wo die beiden Pipelines in vergleichsweise seichtem Wasser zusammenlaufen, Sprengstoff platzieren lassen, welcher zunächst mit einem Zeitzünder nach 48 Stunden hochgehen sollte.

Die Norweger waren direkt in den Anschlag involviert, dänische und schwedische Behörden lediglich darin eingeweiht, dass „eine Operation“ stattfinden würde, ohne dass sie wussten, was für eine und zu welchem Zweck. Den Plan mit dem Zeitzünder änderte man, so Hersh, in recht buchstäblich der letzten Minute. Der US-Regierung schien es zu auffällig, die Pipelines direkt nach der Übung hochzujagen, weshalb sie sich für die Zündung auf Befehl entschied. Eine solche ist aber offenbar sogar für das teuerste Militär der Welt recht knifflig: Am 26. September letzten Jahres musste eine Sonarboje über den Bomben abgeworfen werden, um diese zu aktivieren.

Kürzlich wurde die erste stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung gefragt, ob man es uns denn überhaupt sagen würde, sollte sich herausstellen, dass unsere Freunde jenseits des Großen Teichs für die Zerstörung unserer zivilen Infrastruktur verantwortlich waren.

Das darauf folgende Herumdrucksen – „so eine hypothetische Frage“„so viele Konjunktive in diesem Satz, dass ich das gar nicht entwirren kann – sprach Bände. Wenn ich Geld setzen muss, dann war die Untersuchung nicht nur unserer Behörden, sondern des kollektiven Westens zu diesem Fall, auf dem wahrscheinlich der größte Ermittlungsdruck in der Menschheitsgeschichte gelegen haben dürfte, nun, nach einem halben Jahr, nicht ergebnislos. Das Ergebnis gefällt ihnen vermutlich nicht. Teile des Ergebnisses könnten die Bevölkerung verunsichern und die „Frieren für die Freiheit“-Moral brechen.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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