Dunkel
Hell
Dunkel
Hell

#allesdichtmachen: Wenn Punk, dann bitte richtig

27. April 2021
in 4 min lesen

Auf der Webiste der Aktion #allesdichtmachen hat sich einiges getan. Anstelle aller Videos, von denen nicht mehr alle auf dem offiziellen YouTube-Kanal zu finden sind, prangert nun ein trotziges Statement:

”Die Aktion #allesdichtmachen hat Wellen geschlagen. Es wurde bewußt entschieden, die Videos nicht mit einem “Statement” zu flankieren, denn dann hätten alle nur über das Statement geredet. Aber das heißt nicht, dass wir nichts zu sagen hätten. Wir leugnen auch nicht Corona oder stellen in Abrede, daß von der Krankheit Gefahr ausgeht und Menschen daran sterben.”

Schon der erste Absatz kommt nicht ohne Herumlavieren aus. “Wir leugnen nicht…“ – als ob irgendein Mensch, der weder über böse Absichten verfügt, noch völlig gehirngewaschen ist, euch des Leugnens von Corona bezichtigt hätte. Aber weiter im Text:

“Vielmehr geht es uns um die Corona-Politik, ihre Kommunikation und den öffentlichen Diskurs, der gerade geführt wird. Wir üben Kritik mit den Mitteln von Satire und Ironie. Wenn man uns dafür auf massivste Art und Weise beschimpft und bedroht, ist das ein Zeichen, dass hier etwas ins Ungleichgewicht geraten ist.”

Ihr habt euch der Satire bedient, weil ihr wusstet, dass man in dieser Republik auf anderem Wege überhaupt keine echte Systemkritik mehr äußern kann. Ihr dachtet, dass die Satire eine Art Schutzmantel sein würde. Aber das war sie nicht, das war sie nie, nie für Leute, deren anliegen nicht links ist. In dieser Republik gibt es doppelte Standards.

Wenn “funk” unter dem Motto “Corona rettet die Welt“ die hohe Mortalitätsrate unter den Alten preist, dann ist das Satire. Ihr allerdings habt die Regierung kritisiert, ihr habt euch eines Hassverbrechens schuldig gemacht, über euch senkt der politmediale Komplex den Daumen.

“Wir lassen uns auch nicht in eine Ecke stellen mit Rechten, Verschwörungstheoretikern und Reichsbürgern. Auch die AfD steht für alles, was wir ablehnen. Wenn man sich nicht traut, Selbstverständlichkeiten anzumahnen, weil man Applaus von der falschen Seite fürchtet, dann zeigt das allenfalls, daß der Diskurs in eine Schieflage geraten ist.”

Natürlich lasst ihr euch in diese Ecke stellen. Dachtet ihr ernsthaft, dass der politmediale Komplex euch wohlmeinend behandelt, weil ihr beliebte Schauspieler seid? Weil ihr euch in der Vergangenheit nie der rechten Umtriebe verdächtig gemacht habt? Weil ihr doch “links und tolerant“ seid? Weil die AfD für alles steht, “was ihr ablehnt“?

Weil ihr links sein wollt, war eure Aktion zum scheitern verurteilt. Bereits kurz nach der Veröffentlichung der Videos verließen euch die ersten Mitstreiter – nicht ohne sich vorher rituell zu reinigen. Wieso habt ihr nicht zusammengehalten? Wieso habt ihr euch nicht schützend vor die gestellt, die unter dem Druck als erstes brechen würden? Weil ihr kein Rückgrat habt. Das zeigt sich dann auch im nächsten Absatz:

“Nicht alle in dieser Gruppe sind Gegner eines wie auch immer gearteten Lockdowns. Einige schon. Aber darum geht es nicht. Wir behaupten auch nicht, es besser zu wissen und auch nicht, dass alle Maßnahmen falsch sind. Es geht nicht um Viren, Zahlen oder Kurven. Es geht um die Art, wie Staat und Bürger interagieren, und um die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Es geht darum, daß Kritik am Lockdown ein legitimer Standpunkt ist, der sich mit Argumenten und Fakten untermauern läßt. Es geht um den Blick auf die Schäden, die die Corona-Maßnahmen auf vielerlei Art anrichten. Es geht darum, daß Kinder und Jugendliche um einen wichtigen Teil ihres Lebens betrogen werden. Es geht darum, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Es geht um eine Rhetorik von „Wir” und „Gemeinsamkeit”, die schon deswegen falsch ist, weil offensichtlich nicht “wir alle” da “gemeinsam” drinstecken, sondern in sehr unterschiedlichem Maße: Die Schere von Arm und Reich geht immer weiter auf. Es geht am Ende auch um den bekannten Slogan: Leave no one behind.”

Blablabla. Nichts als virtue signalling, nichts als weitere Relativierungen. Mit dem Verweis auf “Arm und Reich“ soll jetzt ein bisschen Klassenkampfkitsch bedient werden, man ist ja immerhin links. MAN IST LINKS. WIRKLICH!

“Wir sind bei all jenen, die zwischen die Fronten geraten sind. Den Verängstigten, den Verunsicherten und Eingeschüchterten und jenen, die verstummt sind. Uns geht es darum, endlich offen, respektvoll und auf Augenhöhe miteinander zu reden.”

Das ist der erste sinnvolle Absatz in eurem Statement (dass keines ist, wie wir im nächsten Absatz erfahren werden). Ihr seid zwischen die Fronten geraten, das stimmt.

“Dies ist kein offizielles Statement von sämtlichen Teilnehmer:innen der Aktion. Die Gruppe hat keinen „Kopf“ und keine gemeinsame Stimme. Das Projekt ist kollektiv entstanden, die Gruppe ist divers, die Meinungen gehen auch hier auseinander. Wir halten das aus und pflegen zivilisierten Umgang. Jeder kann in der Öffentlichkeit sprechen, jedoch immer nur für sich. Einige aus der Gruppe sind erschrocken über den Shitstorm und haben sich auf dieses Statement geeinigt. Andere ziehen es vor zu schweigen. Beides ist legitim und in Ordnung.”

Teilnehmer:innen. Wieso schreibe ich hier überhaupt noch etwas? Was den Rest betrifft: Ich glaube euch kein Wort. Ihr haltet die Spannung innerhalb der Gruppe, die Dynamik der letzten Tage, definitiv nicht aus. Zwischen euch sind Gräben entstanden, die den Rest eures Lebens anhalten werden. Es gibt diejenigen, die nach der ersten lauen Luft den Schwanz eingezogen haben und genau die werden es sein, die in den nächsten Jahren ihre Karriereaussichten damit aufzubessern trachten, den standhafteren Kollegen nochmal und nochmal das Messer in den Rücken zu rammen.

Dann gibt es diejenigen, die bis zum Schluss der Aktion treu bleiben. Das sind die wirkliche Ehrenmänner. Das sind die, die dann in der bundesrepublikanischen Unterhaltungsindustrie wirklich Angst um ihre Existenz haben müssen. Der Betrieb weiß ganz gut, wie er mit echten Dissidenten umzugehen hat. Unter diesen Leuten sind ein paar sehr gute Schauspieler und wer weiß, vielleicht hat man dann irgendwann einmal den ein oder anderen hier im Gespräch. Nichts ist unmöglich.

“Übrigens: Wenn Videos von dieser Seite verschwinden, dann heißt das nicht zwingend, dass die jeweiligen Leute sich distanzieren. Es kann genausogut bedeuten, dass jemand sich einfach nicht in der Lage sieht, diesen Shitstorm auszuhalten, oder seine Familie schützen will.”

Jaja, dieser Scheissesturm. Dieser anonyme Scheissesturm, der plötzlich und unerwartet über uns hereingebrochen ist. Vielleicht ein Zeichen Gottes, ein Zeichen, dass wir zu weit gegangen sind?

Vielleicht aber auch nur das Resultat einer gut geölten
Repressionsmaschinerie, die in diesem Land seit dem Amtantritt der Kaiserin von ihren Presselakaien emsig installiert worden ist. Wieso sagt ihr nicht, wie es ist: Das es in diesem Land keine Meinungsfreiheit gibt, dass man um seine Existenz fürchten muss, wenn man Kritik an der Regierung und ihrem System äußert. Das macht ihr nicht. Ihr seid ja immerhin links. Und zu Beweis, gibts am Ende des Statements, das keines sein will noch das obligatorische

”Übrigens: #FCKNZS”

Danke für nichts.

Stefan Nguyen

Endlich ein Ausländer im Team und wir müssen uns die Rassistenvorwürfe nicht mehr anhören. Nguyen ist leider nur Viertelvietnamese, hat aber vieles von der asiatischen Mentalität geerbt. Jeden Tag 14 Stunden arbeiten. Schlafen ist für Verlierer. Stefan hat einen Bachelor in International Economics und arbeitet derzeit im Ausland. Wenn er überhaupt einmal Zeit hat, schreibt er in der Print.

Mehr vom Autor

Krautzone als Print – jetzt abonnieren!

Kampf gegen Staatsmedien und linken Einheitsbrei