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Buchkritik: Sommergig (Robert Habeck)

29. August 2022
in 18 min lesen

Unser geschätzter Autor U. B. Kant hat einige Bücher von Robert Habeck zusammengeklaut, um sich ein eigenes Bild von dessen schriftstellerischen Künsten zu verschaffen. Ausgangspunkt dieses Vorhabens war die Frage, weshalb sich die etablierten Medien – immerhin offene Unterstützer des schöngeistigen Wirtschaftsministers – mit Rezensionen zu dessem Œuvres bisher zurückgehalten haben. Nun, Kant stieß schnell auf die Antwort…

„Sommergig“ ist ein Jugendroman von Robert Habeck und Andrea Paluch aus dem Jahr 2009, den der dtv-Verlag 2022 in überarbeiteter Fassung neu auflegte. Protagonist und Ich-Erzähler ist der Oberstufenschüler Tom in einer nicht namentlich genannten Stadt, die Tom als „unsere Kaffee-und-Kuchen-Stadt“ (S. 199) bezeichnet.

Handlung (Vorsicht, Spoiler!):

Toms Vater ist Witwer und Diener des Auswärtigen Amtes. Sein einziger Sohn wuchs in Buenos Aires und später ohne Mutter in New York auf. Als das Auswärtige Amt Toms Vater aus New York abzieht, begleitet Tom ihn in die Kaffee-und-Kuchen-Stadt. Dort besucht Tom zu seinem Verdruss die zwölfte Klasse, deren Schüler deutlich jünger sind als er. Toms eigens Alter ist umstritten. Er selbst geht davon aus, 18 Jahre alt zu sein. Der Vater glaubt, sein Sohn sei erst 17.

Bereits am ersten Schultag in der Kaffee-und-Kuchen-Stadt begeistert sich Tom für die Mädchenrockband Penny or Dime, welche ausschließlich aus jüngeren Klassenkameradinnen besteht, als da wären deren Anführerin, genannt Penny, sowie Anna, Britt und Ilayda.

Penny singt und schreibt die Lieder. Trotz ihrer Faulheit ist Penny die Klassenbeste. Anna, die Gitarristin, ist auf eine puppenhafte Weise schön. Die Bassistin Britt ist für Toms Geschmack ein wenig ungepflegt und er hält sie für eine Lesbe. Die Schlagzeugspielerin Ilayda ist die Tochter anatolischer Einwanderer. Ilayda fordert ein strenges Kopftuchverbot, eine nicht minderstrenge Impfpflicht und Zwangseinweisungen in Kindergärten ab Vollendung des dritten Lebensjahres. Das kapitalistische System lehnt Ilayda ab. Beim Volleyballspielen verliert Tom stets gegen sie.

Alle Jungen der Schule sind in die Mädchen von Penny or Dime verliebt und finden Mädchenbands cool. Einer dieser Jungen ist Ilaydas Bruder Aikal, genannt Eierkalle, den Tom beim gemeinsamen Joggen am See kennen lernt. Ansonsten verbringt Tom keine Zeit mit gleichaltrigen Jungen, seine Behauptungen von angeblichen Freunden am Baggersee bleiben nebulös. Aikal und Tom verlieben sich beide in Penny. Die entscheidet sich zunächst für Aikal statt für Tom, der das männliche Groupie von Penny or Dime wird. Ansonsten bleibt Toms Status unklar, er selbst vergleicht sich mit einem zugelaufenen Kater. Tom wirkt nicht schöpferisch für Penny or Dime, die Mädchen fordern ihn kein einziges Mal auf, sie kreativ zu unterstützen, weder musikalisch noch dichterisch. Er begnügt sich damit, den Mädchen Bier und Eis zu kaufen. Gleichwohl nimmt Tom für sich in Anspruch, den Mädchen durch seine Anwesenheit Inspiration und ihrem Werk eine besondere Note zu verleihen.

Als die Mädchen vor den Sommerferien eine Einladung zu einem Musikfestival in Kopenhagen erhalten, das ihrer Karriere erheblichen Aufschwung verleihen kann, warten spannende neue Herausforderungen auf Tom. Da die Mädchen ihre Instrumente nicht im Zug transportieren können, erinnern sie sich an Toms Fahrerlaubnis, monieren aber sein fehlendes Auto. Prompt nimmt Tom neben der Schule einen Gelegenheitsjob an. Für zehn Euro die Stunde reißt er schlecht verklebte Teppichfußböden aus und gerät in den Dunstkreis giftiger Dämpfe. Sein Nebenbuhler Aikal hilft ihm bei der Arbeit. Großer Hitze und dem Gestank geschmolzenen Klebers schutzlos ausgeliefert, möchte Tom Aikal in ein Gespräch unter Männern über Aikals Kinderwünsche, ein Leben nach dem Tod, sowie die Themen Hunger, wahre Liebe, Leidenschaft und Schmerz verwickeln. Als Antwort droht Aikal Tom heftige Schläge an. Tom lässt nicht locker und erklärt dem schuftenden Aikal, er, Tom, sehne sich nach einem Leben mit klaren Grenzen und Strafen bei deren Überschreitungen.

Die Mädchen proben im Schuppen von Pennys Eltern, den Pennys Vater schalldicht isoliert und mit Stahltüren ausgestattet hat. Während die Mädchen drinnen proben, wartet Tom allein vor dem Schuppen, bis die Mädchen einen Zuhörer brauchen und ihn hereinbitten.

Als die Proben vorbei sind und die Sonne untergeht, beobachtet Tom im Schutze der Dunkelheit seine Angebetete, die drinnen bei Deckenlicht neue Lieder komponiert und Verse dichtet. Als Penny das Haus verlassen möchte, fährt auf Nachbars Grundstück gleichzeitig ein Auto vor, dessen Scheinwerferlicht Toms Versteck verraten wird, wenn er nicht schleunigst verschwindet. Er rennt nicht lediglich um das Haus, um erneut in der Dunkelheit zu verschwinden, sondern flüchtet sich gleich in den Schuppen. Dort gibt Penny ihm im mit einem Mikrofon zwei Schläge auf dem Kopf und verriegelt von außen die Stahltür. Tom sitzt blutverschmiert in der Falle. Als sich die Tür wieder öffnet, steht Penny mit ihrem Freund Aikal vor ihm. Aikal malträtiert Tom mehrmals mit dem Stiehl einer Axt. Tom wehrt sich, woraufhin Penny ruft: „Nicht!“ und Tom aufhört sich zu verteidigen, um Pennys Liebe doch noch zu gewinnen. Aikal schlägt Tom noch ein paar Mal in den Bauch, ins Gesicht und auf den Rücken, bevor er davonläuft. Penny bietet Tom zur Wunddesinfektion einen Lappen an, mit dem sie sonst ihr Mikrophon abwischt.

Am nächsten Tag droht Ilayda dem lila angeschwollenen Tom, er solle ihren Bruder in Ruhe lassen. Indes hat Penny ihre Beziehung mit Aikal beendet, da sie nicht auf Schlägertypen stehe.

Als Gelegenheitsarbeiter auf Zehn-Euro-Basis hat Tom nach drei Wochen genügend Geld verdient, um einen VW-Bus zu kaufen, in dem er die Mädchen nach Kopenhagen chauffiert. Die Generalprobe findet auf dem Schulhoffest statt. Die Schüler möchten nicht die bevorstehenden Sommerferien, sondern ausschließlich Penny or Dime feiern. Wichtigtuerisch hupend fährt Tom mit dem VW-Bus durch die Schülermenge auf die Bühne zu. Daraufhin brechen die Mädchen ihren Auftritt sofort ab. Tom begreift, dass dies Ausdruck der neuen Exaltiertheit von Penny or Dime ist.

Als die Mädchen ihr Konzert doch noch fortsetzen, taucht plötzlich Aikal auf und schleift seine Schwester brutal von der Bühne. Lehrer und Schüler sehen zu. Tom begreift, dass Aikals Verhalten nichts mit dem Islam zu tun hat. Er läuft Aikal und Ilayda bis zum Friedhof nach, wo Aikal seine Schwester noch immer an den Haaren hinter sich herzieht. Ilayda ruft Tom zu, er solle verschwinden. Tom begreift, wie ähnlich er und Aikal sich doch seien. Er murmelt „Tschuldigung, wollte euch nicht stören“, dreht sich um und geht.

Kurz darauf brechen Penny or Dime in Toms VW-Bus nach Kopenhagen auf. Tom sammelt die vier Mädchen nacheinander ein, beginnend mit Penny. Penny küsst Tom. Als sie verkrustete Reste von Zahnpasta in Toms Mundwinkeln bemerkt, erklärt Tom, er benutzte morgens Aronal und abends Elmex und Penny küsst ihn nochmal. Sobald Britt zusteigt, verschweigen Penny und Tom ihre Kussszene.

Die Mädchen verbieten Tom, vor oder während der Autofahrt Alkohol zu trinken, derweil sie selbst sich auf der Rückbank die Kante geben, bis Ilayda der deutschen Sprache verlustig wird und anfängt, wirr auf Türkisch zu brabbeln. Bis dahin spielen die Mädchen aber noch Wahrheit oder Pflicht mit Scherzfragen, die samt und sonders auf Toms Kosten, insbesondere seiner Optik und erotischen Ausstrahlung, gehen. Tom fühlt sich gedemütigt und fährt stumm leidend bis zur Jugendherberge in Kopenhagen weiter. Auf der Autofähre trottet er stumm hinter den Mädchen her.

In der Umgebung der Kopenhagener Jugendherberge findet nicht lediglich der Musikwettbewerb, sondern auch eine Fußball-WM für Obdachlose statt. So muss Tom, als er den VW-Bus vor der Jungenherberge parkt, feststellen, dass er seine Mädels mitten in einen Pulk von Nafris gesteuert hat. Auf dem kurzen Weg zwischen VW-Bus und Jugendherberge posieren die Mädchen nach Strich und Faden für die Nafris, halten aber eine Armlänge Abstand und erreichen ihre Unterkunft unversehrt. Dort teilt der Rezeptionist mit, dass Penny für Tom kein Zimmer gebucht hat. Ob er der Freund von einem der Mädchen sei? Penny verneint umgehend und erklärt lachend, Tom sei nur der Fahrer. Daraufhin lacht auch der Rezeptionist Tom aus und erklärt, die Jugendherberge sei nur für Bandmitglieder reserviert. Während Anna und Britt kichern, Tom könne doch trotzdem bei ihnen im Bett schlafen, und Tom sich deswegen fragt, ob neben Britt auch Anna lesbisch sei, hat Penny ersichtlich keine Lust auf Toms Bettgenossenschaft. Tom fühlt sich gedemütigt und wirft den Mädchen seinen Autoschlüssel vor die Füße. Die nehmen den Schlüssel an sich und verschwinden auf ihr Zimmer.

Tom besucht ein nahegelegenes Schwimmbad, wo er in Unterhose badet und an der Kante eines Fünf-Meter-Sprungsturms lange verweilt. Der Blick in die Tiefe und die Erfahrungen der letzten Woche mit den Mädchen lassen Tom zu dem Schluss kommen, Frauen seien unergründliche Wesen.

Anschließend besichtigt Tom die Fußball-WM der Obdachlosen. Dort lernt er den illegalen Einwanderer Jalal aus Syrien kennen. Wie jeder Syrer möchte Jalal unbedingt in die USA ausreisen, in welches Land auch sonst? Im Laufe des Abends trifft Tom Jalal im linken Szeneviertel Christiania wieder, wo sie sich auf Toms Kosten betrinken. Jalal erzählt grauenhafte Geschichten: Über die Ermordung seines Vaters, die Ermordung seiner Fußballkameraden, von Giftgasangriffen. Tom gibt zu bedenken, er habe auch so seine Erfahrungen, schließlich sei er im Dezember 2016 während des Terroranschlages am Breitscheidplatz in Berlin gewesen und habe am Tag danach den zerstörten Weihnachtsmarkt besichtigt.

Tom kann die Nacht nicht in der Jugendherberge verbringen, aber auch nicht im VW-Bus schlafen, denn dessen Schlüssel haben ja die Mädels eingesackt. So nächtigt er auf der Bühne des für den nächsten Tag angesetzten Musikwettbewerbs, bis ihn die Müllabfuhr weckt.

Die morgendliche Jungendherberge zeigt die Überreste einer wilden Partynacht. Penny sitzt allein vor sich hinträumend im Foyer und kritzelt neue Verse auf Papierservierten. Davon überzeugt, Penny widme ihm die Verse, setzt Tom sich neben Penny. Seine Chance witternd, eröffnet Tom das Gespräch mit der Frage, ob Penny jemals mit Aikal geschlafen habe. Die raue Männerhand eines Angelsachsen legt sich auf Pennys Schulter und fordert sie zum gemeinsamen Frühstück auf. Penny steht sofort auf und lässt Tom allein zurück, der sich in Gedanken ausmalt, was Penny und der Angelsachse letzte Nacht miteinander getrieben haben.

Nachdem Tom sich am Vortag noch geschworenen hatte, die Mädchen niemals auf deren Zimmer zu besuchen, geht er jetzt in den siebten Stock und klopft an die Zimmertür. Das ist der Moment, in dem Tom erkennt, dass er ein Loser ist.

Die Mädchen brezeln sich gerade für den heutigen Wettbewerb auf, allerdings hat sich Britt in der letzten Nacht im linken Szeneviertel Christiania spontan ein Zungenpiercing stechen lassen, was ihre Aussprache im Allgemeinen und ihre Gesangskünste im Besonderen eintrübt. Britt zieht sich demonstrativ vor Toms Augen aus und Ilayda wirft sich in einen Anzug, wie Catwoman ihn trägt. So für den großen Aufritt zurecht gemacht entscheiden die Mädchen, doch noch einmal in das Schwimmbad nebenan zu gehen, während Tom allein zurückbleibt und von Beinen und Busen träumt. Als Einzige kehrt Britt vorzeitig zurück, lediglich mit einem Badeanzug bekleidet. Sie schläft mit Tom, nachdem Tom sich eines von Britts mitgebrachten Kondomen übergestreift und Britt verwundert gefragt hat, warum sie denn keine Lesbe sei. Während des Liebesaktes denkt Tom nur an Penny.

Als die übrigen Mädchen wieder dazustoßen, wollen Britt und Tom ihren Sex zunächst verschweigen. Doch da springt plötzlich der Syrer Jalal aus dem Schrank, der sich dort über Stunden unentdeckt versteckt gehalten und alles – vom Duschen und Umkleiden der Mädchen bis zum Sex zwischen Brit und Tom – reglos beobachtet hat. Jalal muss sich vor der Polizei verstecken, die nun, nach Beendigung der Obdachlosen-WM, Ausländer jage, um sie nach Syrien abzuschieben. Anna gibt zu bedenken, dies diene möglicherweise dem Vollzug der Gesetze des dänischen Rechtsstaates, woraufhin insbesondere Ilayda die Existenz der Band in Frage stellt, da sie eine reaktionäre Politik nicht unterstützen wolle. Eine Abstimmung unter den Mädchen ergibt einen klaren Schutzauftrag für den schutzsuchenden Jalal, der sich weiterhin auf dem Jugendherbergszimmer vor den Schergen der Abschiebeindustrie verstecken darf. Tom möchte mitabstimmen, doch Penny gibt zu verstehen, dass er kein Stimmrecht habe.

Ungeschminkt und schlecht frisiert gehen die Mädchen zum Musikwettbewerb. Ihr Auftritt gerät zum Triumphzug. Als das euphorisierte Publikum eine Zugabe verlangt, kehrt Penny allein auf die Bühne zurück und singt ein Solo-Ständchen, das sie vorher ausdrücklich Tom widmet. Sie hoffe, er befinde sich im Publikum und höre ihr zu, denn sie könne nur so ihren Gefühlen Ausdruck verleihen, da sie nicht wisse, wie sie Tom sonst erklären könne, dass sie ihn auf ihre Weise doch sehr liebe. Schließlich steht am nächsten Tag die Heimreise an und irgendwer muss die Mädels ja noch chauffieren. Abermals gerät das Publikum in Ektase und Tom möchte nach der Solo-Zugabe hinter die Bühne zu Penny durchdringen. Da taucht Jalal auf und bittet abermals um Hilfe. Die Polizei durchsuche jetzt auch die Jugendherberge nach illegalen Einwanderern. Tom begreift, wie privilegiert er ist und fühlt sich schuldig. Doch die Garderobe der Mädchen erweist sich als Falle. Die haben gerade erst die Polizei gerufen, da zwischenzeitlich Aikal wieder mal aus dem Nichts aufgetaucht und Ilayda mitgenommen hat. Die Furcht vor einem Ehrenmord unter Türken steht im Raum. Nur noch wenige Minuten trennen Jalal jetzt von der Abschiebung, von Folter und Mord in Syrien. Spontan bietet Penny an, Jalal zu heiraten. Da die Zeit drückt, Penny noch minderjährig ist und Tom von sich aus nicht anbieten möchte, eine Homo-Ehe nach dänischem Recht mit Jalal einzugehen, verkleiden die vier Mädchen Jalal als Frau, um ihn auf eine Fähre nach Schweden zu schmuggeln.

Tom findet, Jalal sehe von hinten sexy aus. Von vorn betrachtet ist Jalal flachbrüstig, hat einen Flaumbart, beharrte Schienenbeinen und drahtige Oberarme. Um ein schwules Polizistenpärchen auszutricksen, reicht’s. Praktischerweise scheint auch Ilayda nur von hinten hübsch, flachbrüstig, flaumbärtig und an den Beinen beharrt zu sein, den Tom erkennt äußere Parallelen und gibt Jalal Ilaydas Personalausweis, den Ilayda in der Garderobe vor ihrem Verschwinden zurückgelassen hatte. So kann Jalal auf eine Fähre nach Schweden entkommen, während die dänischen Polizisten vor der Jugendherberge schon erste Ausländer an die Wand stellen.

Die flaumbärtige Ilayda wurde dann doch nicht entführt, sie ist einfach nur mit ihrem Bruder Bier trinken gegangen. Aikal war den Mädchen nach Kopenhagen gefolgt, um seine Ex-Freundin Penny wiederzusehen. Tom begreift, dass er Aikal zu Unrecht für einen Klischeetürken mit überkommenem Ehrbegriff gehalten hat. Und fühlt sich schuldig. Zudem zieht Tom aus Pennys Verhalten in den letzten Tagen den Schluss, die beiden hätten eine feste Beziehung und Penny habe Aikal nie aus freien Stücken, sondern infolge von Toms Verführungskünsten verlassen. Jedenfalls nimmt Tom für sich in Anspruch, er habe Aikal Penny ausgespannt. Und fühlt sich schuldig. Bald aber zieht Penny mit Aikal erneut von dannen und Tom fährt den Rest der Band in seinem VW-Bus zurück in die Kaffee-und-Kuchen-Stadt, wo sie zur Kaffee-und-Kuchen-Zeit eintreffen.

Alle Bandmitglieder sind froh, sich die nächsten fünf Wochen bis zum Schulbeginn nicht mehr sehen zu müssen. Auf die etwas ungepflegte Britt hat Tom keine Lust mehr, stattdessens steht die flaumbärtige Ilayda eines Tages vorderseitig in seiner Tür und dankt Tom für dessen Fluchthilfe. Ihr Reisepass sei in einem New Yorker Mülleimer gefunden worden. Biometrische Daten scheinen US-Grenzer nicht mehr zu interessieren. Jalal hat es geschafft!

Stil:

Selbst Deutschlehrer, die Habeck wählen, also alle, müssten bei der Korrektur dieses Buch mehr als einen Rotstift aufbrauchen, wenn Habeck ihnen „Sommergig“ zum Thema: „Mein schönstes Ferienerlebnis“ vorlegte.

So langatmig und umständlich die oben zusammengefasste Handlung auch anmutet, Habeck erzählt sie auf weniger als 200 Seiten netto. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich mit Habecks kleinem Wortschatz und seiner daraus erwachsenen Unfähigkeit zur erzählerischen Präzision.

In „Sommergig“ ergibt sich für den Leser nichts schlüssig aus dem Handeln, Dulden oder Unterlassen seiner Figuren, alles muss Tom dem Leser ausdrücklich erklären, noch einmal zusammenfassen oder durch innere Monologe erörtern. Leider stehen Tom unzählige Ansprachen und innere Monologe abstrakt im Raum, bleiben Behauptungen ohne Belege und finden in der Beschreibung von Figuren, Orten und Aktionen keine Konkretisierung, falls doch, nur floskelhaft.

Habecks sprachliche Unbeholfenheit, zumal für einen Formalakademiker mit abgeschlossener Promotion, zieht sich durch das gesamte Buch, von den Details bis in die Grundzüge.

Die Wahl seiner Stilmittel misslingt zuverlässig. Besonders gern verwendet Habeck Metaphern, Vergleiche und Personifikationen. Beispielsweise diesen:

Am Fenster vom Kursraum klebten Regentropfen wie Diamanten. Tränen, die die Sonne jetzt wegleckte.“ (S. 8)

Oder:

Schon bevor die Sonne richtig aufging, war der Himmel über der Autobahn blau. Feine, weiße Wölkchen zerstörten seine Makellosigkeit. Er sah aus wie ein frisch gefliestes Badezimmer.“ (S. 28)

Oder:

Der Schmerz in meiner verbrühten Speiseröhre schoss mir bis ins Hirn und ließ Britts nackten Körper platzen.“ (S. 143).

Im Übrigen ist der Leser erstraunt, wer oder was alles Purzelbäume schlagen kann, von den Augen von Toms Vater (S. 52) bis zu den Hormonen der Mädchen im Angesicht der balzenden Nafris (S. 96).

Natürlich ließe sich einwenden, das Buch sei doch aus der Perspektive eines mutmaßlich achtzehnjährigen Ich-Erzählers geschrieben und Habecks Mangel an Ausdrucksvermögen auf realistische Figurensprache zurückzuführen. Schon möglich. Allerdings müssteTom, der sich selbst „bildungsbürgerliche Reflexe“ (S. 106) attestiert, als Diplomatensohn von Hause aus mehr sprachliches Potential haben.

Wobei, stammt Tom überhaupt aus einem Diplomatenhaushalt? Tom beschreibt seinen Vater bloß als „so eine Art Diplomat“ (S. 16) oder „so etwas wie ein Diplomat“ (S. 50). Insofern ein Äquivalent zu Pennys Vater, der in Habecks Sprache ein „Journalist oder so“ (S. 39) und vor allem „cool war und ihr (Penny, Anm. Redaktion) einen Proberaum baute und so“ (S. 183). Dagegen ist Toms Vater bloß „ganz okay“ (S. 51) und „es ist nicht so, dass ich (Tom, Anm. Redaktion) zu wenig Liebe bekommen hätte oder so was“ (S. 52).

Tom betont oft seine weltläufige Vergangenheit, die vielen Jahre in Buenos Aires und vor allem New York. Betonte er sie nicht, käme der Leser von sich aus nie auf die Idee, Tom könnte ein Mann von Welt sein. Er beherrscht die englische Sprache nicht besser als die vier Mädchen, welche auf ihr Schulenglisch zurückgreifen. Selbst Jalals Englischkenntnisse unterscheiden sich nicht von denen Toms. Tom kann keine Anekdoten, Schwanks oder Erinnerungen aus Buenos Aires oder New York zum Besten geben, nie erwähnt er scheinbar beiläufige Details in Handlung, Wortwahl oder Weltanschauung, die den Weitbereisten von den alteingesessenen Kaffee-und-Kuchen-Städtern unterscheiden. Immer, wenn Tom ansatzweise auf seine New Yorker Jahre zu sprechen kommt, lässt Habeck nach ein paar floskelhaften Andeutungen das Thema wechseln:

New York ist cool. Mehr muss ich vielleicht nicht sagen, sonst wird das hier ein Reiseführer. Und davon gibt es bestimmt schon eine Wagenladung voll. Obwohl ich vielleicht noch ein paar Geschichten beisteuern könnte. Geschichten, die in keinem Reiseführer stehen.“ (S. 16).

Vielleicht, weil Habeck noch nicht einmal den Reiseführer gelesen hat? Und falls doch, Habeck den Reiseführer oder sogar die eigenen Eindrücke vor Ort nicht in eigenen Worten wiedergeben könnte? Aber um die flaumbärtige Ilayda aus Anatolien zu beeindrucken reicht‘s:

„‚Oh‘, sagte ich, ‚In New York war ich schon lange nicht mehr. Ich kenne da aber ein paar echt coole Geschichten.‘“ (S. 201).

Ein Glück, dass Ilayda nicht nachhakt, sondern nur wissen will, wie ihr Reisepass nach New York gekommen ist. Tom kann das nicht wissen, denn er hat Jalal damals in Kopenhagen nur ihren Personalausweis, nicht den Reisepass, zugesteckt. Möglicherweise fällt ihm deshalb im Zusammenhang mit Jalal und der Stadt New York nur der Slogan: „If you can make it there …“ (S. 201) ein. Auch so ein Satz, den erfahrene New Yorker, von Klischees über die Stadt befreit, wahrscheinlich ständig von sich geben.

In Kopenhagen glaubt Tom,

(…) dass ich, New York-erfahren wie ich war, Polizisten hundert Meter gegen den Wind erkenn würde. Ich hatte mich getäuscht.“ (S. 180)

Zur Strafe muss Tom den als Mädchen verkleideten Jalal küssen, um dem schwulen Polizistenpärchen ein heterosexuelles Liebepaar vorzuspielen. Aber wie genau konnten die Mädchen Jalal ad hoc als Mädchen verkleiden? Na so natürlich:

In Windeseile, als hätten sie nur darauf gewartet, bauten die Mädchen aus Jala ein anders Mädchen. Mit schwarzen Haaren und drahtigen Oberarmen. Irgendwie kam er mir bekannt vor.“ (S. 180).

Immerhin gibt Kopenhagen Tom „irgendwie das Gefühl in New York zu sein“ (S.93). Anlass ist „ein Typ mit Baseball-Mütze“ (S.93), der einer alten Dame die Handtasche stiehlt. Hey Tom, Du erzählst gerade von Straßenkriminalität. Vergiss bitte nicht, dass Du auch ein paar Jahre in Buenos Aires gelebt hast!

Habeck hat früher als Übersetzer der dänischen Sprache gearbeitet, vor diesem Hintergrund lassen sich weder ehrliches Interesse noch vertiefte Kenntnisse über Dänemark absprechen. Sprachlich beschreiben kann er die dänische Hauptstadt und seine Bürger gleichwohl nicht. Mehrspurige Autobahnen, den Tivoli und das linke Szeneviertel Christiania namentlich zu erwähnen, ersetzen keine Schilderung Kopenhagens, aber Habeck begnügt sich genau damit. Schon die Einweiserin auf der Autofähre sieht bloß „verdammt dänisch“ (S. 56) aus, was genau Habeck damit meint, bleibt den Klischees im Kopfe des Lesers überlassen. Der dänischen Flagge zollt Habeck folgenden Respekt:

Die dänische Flagge war wie ein blutiges Quadrat in den Himmel gemalt.“ (S. 56)

Gerechterweise sei hier erwähnt, wie Habeck sein Heimatland, Schleswig-Holstein, beschreibt:

Hinter Hamburg gab es mehr Wiesen als Felder. Bussarde saßen auf den Julen an der Fahrbahn, wenn sie nicht das Aas vom Seitenstreifen pickten.“ (S. 38)

Am schnellsten stößt Habeck an seine sprachlichen Grenzen, wenn er Toms Verhältnis zu den Mädchen, ihr Verhältnis zu ihm, untereinander und vor allem ihre Musik in Worte fassen muss. In Habecks Sprache ist eine Mädchenband „eine coole Sache“ (S. 8) und in Toms Selbstwahrnehmung gibt es „eine Art erotischer Aufladung zwischen uns“, allerdings „ohne es genau an etwas festmachen zu können.“ (S. 28).

So wie Kopenhagen ihm „irgendwie“ das Gefühl gibt, in New York zu sein, spielen die Mädchen nicht für Tom, aber „irgendwie spielten sie mit mir.“ (S. 29).

„Irgendwie“ ist eines von Habecks Lieblingsfüllwörtern, wenn er sich vor konkreten Sachverhaltsdarstellungen und scharfen Charakterzeichnungen drückt. Als Tom auf eine wackelige Leiter klettert, will er weiter hinauf, „aber irgendwie ging es nicht. Irgendwie wollte sich mein Fuß nicht mehr bewegen.“ (S. 35). Schleift Aikal seine Schwester an dem Haaren zum Friedhof, sind Lehrer und Schüler „irgendwie (…) alle fassungslos“ (S. 88), obwohl doch „dieser Autoritäts-Quatsch (…) irgendwie was Deutsches (S. 8)“ ist. Aikals Sex mit der geliebten Penny stört Tom ausdrücklich nicht, denn „es war anders als eine blöde Liebesgeschichte, irgendwie war es komplizierter“ (S. 61). Und „irgendwie war es genau richtig, wie mich jetzt Britt anmachte“ (S. 145).

Wie die zum Teil sehr unterschiedlichen Mädchen sich zu einer Band zusammengefunden haben, bleibt ungewiss. Ihre Freundschaft wirkt künstlich, die Band am Reißbrett zusammengewürfelt, um Vielfalt zu suggerieren. Insbesondere Anna, jenes Mädchen, „das nur mit einem Brieffreund Verkehr hat“ (S. 87), passt nicht zu den anderen. Als Erklärung gibt es einfach diese „undefinierbare Sehnsucht“ (S. 57). Ilayda ist keine glaubhafte Einwanderin, sondern ein Abklatsch auf Annette und Annika Allmann, der Habeck aus Quotengründen einen Migrationshintergrund andichtet. Gründe für ihre Brachial-Assimilation erfahren wir nicht. Ilayda hängt sich ein paar Poster von anatolischen Landschaften an die Wand, ansonsten fällt Habecks nichts ein, um Ilaydas Herkunft konkret darzustellen.

Gleichwohl ist Penny or Dime beim Publikumoffensichtlich beliebt, zum Beispiel auf dem Schulfest:

„An diesem Abend wurden sie von einer Schülerinnen – zu einer Rockband – mit allem, was dazu gehört.“ (S. 87).

Und was genau gehört alles zu einer Rockband?

Anna schüttelte den Kopf, ihre Haare flogen auseinander und dann machte sie Headbanging und spielte ein Solo, das direkt aus der Hölle zu kommen schien.“ (S. 87)

Und wie genau klingt ein Solo direkt aus der Hölle?

Sie hatte Sex mit dem Schlagzeug.“ (S. 88)

Das müssen wir nicht vertiefen. Wer aber zur Sexszene zwischen Britt und Tom auf S. 150 blättert, findet ein schönes ein Beispiel für die vielen „Also … und dann …und dann … und dann … und dann“-Sätze in diesem Buch.

Die Musik der Mädchen gibt Tom viel, wenn auch nicht die Gabe, seine Liebe zur Musik der Mädchen in Worte zu fassen.

Ich konnte nicht genau fassen, dass diese halbe Stunde real gewesen war. Vielleicht ist es immer so, dass das, worauf man lange gewartet hat und das, was vorher eine große Bedeutung hatte, nicht wirklich fassbar ist, wenn es dann passiert. (…) Es schien mir, als hätte ich etwas Sensationelles erlebt. Nicht, weil es musikalisch bestechend gewesen wäre, sondern weil ich etwas erlebt hatte, das die ganze Zeit da und uns allen nicht klar gewesen war: mein Leben. Unser Leben. Zerrissen, widersprüchlich, ohne Ideale, voller Schmerzen, die wir uns zufügten – aber unser Leben genau deshalb.“ (S. 169).

Folgerichtig will Tom Teil der Band werden:

Nicht bloß als der Typ, der Bier holt (und es selbst trinkt), sondern als Teil der Gruppe. Und da ich kein Instrument spielte, musste ich es irgendwie anders machen.“ (S. 62)

Ob die Mädchen daran ein Interesse hegen?

Ich sagte: ‚Nö‘ und legte die Füße auf den Tisch vor mir und war gespannt, was jetzt passieren würde. Entweder würde sie (Penny, Anm. Redaktion) mich schlagen, oder sie würde gehen. Ich hätte Ersteres vorgezogen. Aber sie tat nichts von beidem, sie wandte sich um, klimperte ein wenig auf dem Klavier und dann sagen die vier noch einmal Halleluja. Und ich klatschte wieder, denn es war wirklich großartig, vierstimmig und so. Und dieses Mal regte Penny sich nicht mehr auf, sondern ignorierte mich einfach. Alle vier ignorierten mich, jedenfalls äußerlich. Ich meinte aber zu spüren, dass sie anders sangen. Irgendwie intensiver.“ (S. 20).

Woraus in Toms Selbstwahrnehmung folgt:

Und als sie fertig waren und ich wieder klatschte, gehörte ich auf eine unklare Art irgendwie dazu.“ (S. 21)

Fazit:

Faszinierend, wie ein deutsches Beta-Männchen mit Stockholm-Syndrom auf Kopenhagen-Fahrt vom Anywhere zum Somewhere schrumpft.

U. B. Kant

Der U. B. Kant wurde 2009 erst zwei Tage nach der Bundestagwahl volljährig, sonst hätte er noch mit beiden Stimmen die Steinmeier-SPD gewählt. Heute lebt der U. B. Kant im besten Deutschland, das es jemals gab, und möchte sein Gesicht bei freien Meinungsäußerungen lieber verbergen. Seinen Ahnen entsprechend setzt es sich zusammen aus Lüneburger Heidjen, Ostwestfalen und Ostpreußen. Schädelvermesser könnten angesichts einer solch feinsinnigen Vereinigung der Schöngeister ablesen, dass der U. B. Kant die gesammelten Werke von Shakespeare, Schiller und Sophokles nicht nur dekorativ im Bücherregal stehen, sondern deren Lektüre auch nach zehn Seiten abgebrochen hat.