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Buchkritik: Zwei Wege in den Sommer (Robert Habeck)

30. Juli 2022
in 6 min lesen

Unser geschätzter Autor U. B. Kant hat einige Bücher von Robert Habeck zusammengeklaut, um sich ein eigenes Bild von dessen schriftstellerischen Künsten zu verschaffen. Ausgangspunkt dieses Vorhabens war die Frage, weshalb sich die etablierten Medien – immerhin offene Unterstützer des schöngeistigen Wirtschaftsministers – mit Rezensionen zu dessem Œuvres bisher zurückgehalten haben. Nun, Kant stieß schnell auf die Antwort…

„Zwei Wege in den Sommer“ ist ein Jugendroman von Robert Habeck und Andrea Paluch aus dem Jahr 2006, den der dtv-Verlag 2020 in überarbeiteter Fassung neu auflegte. Protagonist und Ich-Erzähler ist der Gymnasiast Max aus Schleswig-Holstein.

Handlung (Vorsicht, Spoiler!):

Als Max nach durchzechter Nacht erwacht, ist seine Zwillingsschwester Miriam ertrunken. Fast zwei Jahre später beginnen die Sommerferien, an deren Ende Max Selbstmord begehen will. Vorher möchte Max aber noch seine Biologielehrerin, Frau Schulte, verführen. Da Frau Schulte obendrein Philosophie unterrichtet, wälzt er Hegel und Camus. Als Max schließlich an Frau Schultes Haustür klingelt, anstatt wie bisher im Schutz der Dunkelheit in ihr beleuchtetes Arbeitszimmer zu gaffen, bittet Frau Schulte ihn herein. Wie einige seiner Klassenkameraden weiß Frau Schulte von Max‘ Selbstmordfantasien. Sie ermahnt Max, weiterzuleben, andernfalls könne er am Ende der Sommerferien nicht mit ihr schlafen.

Max kann kaum größer als ein Meter sein. Bei einer Prügelei mit dem zwei Meter großen Klaas muss Max springen, um selbst mit ausgestrecktem Arm noch Klaas‘ Lippen zu erreichen. Gleichwohl ist der mickrige Max unter gleichaltrigen Jungen eine Instanz. Klaas fleht Max kurz vor den Sommerferien an, ihm doch bitte, bitte auszureden, sich freiwillig zur Bundeswehr zu melden. Max verachtet die Bundeswehr, kann Klaas aber nicht von dessen Fiebertraum vom Dienst an der Waffe heilen, obwohl Klaas von Herzen darum bettelt. Anschließenden bricht Klaas Max eine Rippe.

Allein mit seiner frisch gebrochenen Rippe segelt Max nach Schweden. Max‘ Eltern haben bereits eine Tochter durch Ertrinken verloren, aber kaum Bedenken gegen den einsamen Segelturn ihres letzten noch verbliebenen Kindes. Allerdings hat die gute Frau Schulte weder die Eltern noch sonst jemanden über Max‘ Selbstmordpläne informiert.

Max‘ Kumpel Ole und dessen Freundin Svenja möchten in Schweden zu Max stoßen, vorher aber noch eine Interrail-Reise quer durch Europa unternehmen. Ole ist der Sohn eines grünen Bundestagsabgeordneten, dessen Internetseite Max betreut, und noch Jungfrau. Daher möchte Ole Svenja erst nach dem gemeinsamen Schlafsackurlaub verlassen. Svenja war vor Miriams Tod in Max verliebt, der wiederum voller Missgunst beobachtete, wie Ole seine Zwillingsschwester anbaggerte.

Während Max allein über die Ostsee schippert, sendet Svenja ihm regelmäßig Videobotschaften. Svenja hat Ole entjungfert und erzählt Max immer neue Details aus der Nacht, in der Miriam starb, wohl um Max‘ Schuldgefühle am Tod seiner Zwillingsschwester zu lindern. Weshalb Svenja fast zwei Jahre lang damit gewartet hat, ihn sogar depressiv und allein aufs Meer segeln ließ, erfährt der Leser nicht. Zunächst bewirkt Svenja das Gegenteil. Max glaubt, er habe seine Zwillingschwester ins Wasser getrieben und ertrinken lassen, um eine Beziehung mit Ole zu verhindern. Nachts hegt Max homoerotische Fantasien, in denen Ole ihn – wie einst Miriam – küssen und sexuell verwöhnen will.

In Schweden trifft Ole eine hübsche Bäckerin. Nach wenigen Minuten des Kennenlernens springt die Bäckerin zu Max ins Boot und begleitet ihn auf seiner weiteren Reise. Ihr Name lautet Elisabeth, aber Max nennt sie Isabel, inspiriert von einer französischsprachigen Postkarte, die er in einer öffentlichen Gruppendusche gefunden hat. Auf hoher See treiben die beiden es heftig miteinander. Schließlich begegnen sie Ole und Svenja. Ole hat ebenfalls Schuldgefühle wegen Miriams Tod und keine Lust mehr auf Svenja, denn er meint, dass sie seine Freiheit bedrohe. Mitten im hohen Norden verlässt Ole die drei anderen, was auch die heiße Bäckerin dazu bringt, Max zu verlassen. Svenja und Max bleiben allein zurück. Erst jetzt klärt Svenja Max über den wahren Ablauf der Todesnacht vor fast zwei Jahren auf. Max habe im Vollsuff den Streit mit Ole gesucht, sich wegen Miriam geprügelt und sei dann eingeschlafen. Ole habe sich daraufhin verzogen und Miriam sei aus freier Entscheidung schwimmen gegangen und ertrunken. Damit sind Max‘ Schuldgefühle und alle Selbstmordpläne vom Tisch. Beide kehren nach Deutschland zurück, um dort ihr letztes Schuljahr vor dem Abitur anzutreten. Frau Schulte hat sich im Sommer von einem Fußballer schwängern lassen. In Zukunft möchte Max weiter für den grünen Bundestagsabgeordneten arbeiten und eine Journalistenschule besuchen.

Stil:

Durch sein stilistisches Unvermögen offenbart Robert Habeck unfreiwillig ein häufiges Problem des Jugendromans. Der Autor ist oft weit über 30 Jahre alt, was ihn nicht darin hindert, sich der heutigen Jugend besonders nah zu wähnen. Regelmäßig strapaziert der Autor das Klischee jugendlicher Aufmüpfigkeit, das nicht zu seiner moralisierenden Botschaft passt.

So auch Habeck (*1969). Max ist Habecks leblose Sprechpuppe, aber auf keiner Seite ein Teenager aus Fleisch und Blut. Dafür sind Max‘ Ansprachen an den Leser und seine inneren Monologe, aus denen das Buch gefühlt zu zwei Dritteln besteht, zu pädagogisch, egal wie oft Max‘ Gedanken um Sex kreisen („Die Erde atmete dem Tag nach und es roch nach Frühling und Sex.“, S. 59).

Dadurch wirkt Habeck selbst wie ein peinlicher Sozialkundelehrer, der die vermeintliche Jugendsprache von vor 30 Jahren aufwärmt und glaubt, die sich fremdschämenden Jugendlichen mit Witzen wie „Brutto-Frissdich-voll-Produkt“ oder „Rentenkürzung-die-null-Komma-sechste“ (S. 10) zu begeistern, während er ihnen in Wahrheit schlecht getarnte Moralpredigten hält.

Stellt sich Max drei nackte Schwedinnen vor, erklärt Habeck dies umgehend zum Wunschdenken und seinem Leser in Oliver-Welke-Manier die zuvor missglückte Pointe:

Aber wer die Zeichen (der Geschichte) richtig liest, wird ausschließen, dass drei junge, nackte Schwedinnen Fische über einer ausrangierten Regentonne räuchern, und wird sich fragen: Was machen so hübsche Frauen mit zwei Schweinen und was machen so hübsche Frauen überhaupt hier?“

S. 112

Die Chance auf sein erstes Mal mit der hübschen Jana lässt sich Max entgehen, weil er kein Kondom dabeihat. Im Anschluss fordert Habeck den Leser auf, sich alle späteren Sexszenen bitte nur mit Kondomen vorzustellen:

Ich hoffe, dies ist das einzige Mal, dass ich über Verhütung schreiben. Sie ist wichtig, klar. Aber ich denke, mit Kondomen ist es wie mit Eltern: Man hat sie, aber wer liest schon gern darüber?

S. 34

Tatsächlich kommen Max‘ Eltern lediglich am Rande vor. Ihre Charakterisierung reicht so weit, wie Habeck ihr Aussehen beschreibt:

Mein Vater hatte auf einmal weiße Haare und das Gesicht meiner Mutter war zusammengefallen wie ein Gemäuer.“

S. 32

Einerseits nimmt Max den Kummer seiner Eltern zur Kenntnis („Das schlimmste war, meine Eltern zu sehen“ S. 32). Anderseits ignoriert er ihr offensichtliches Leiden, wenn er wieder mal mit seinem Selbstmordplan kokettiert. Dessen Konkretisierung gerät zum Slapstick:

Ich habe im Schwimmbad probiert, wie es ist, wenn man ertrinkt. Erst treibt man unheimlich cool dahin, aber dann beginnt die Lunge zu schmerzen und wenn man dann anfängt zu tauchen, hat man das Gefühl, das Hirn zerspringt einem, und der Druck wird immer größer und man gerät echt in Panik. (…) Im Grunde hoffte ich irgendeinem Bären zu begegnen. Ich würde mich ein bisschen wehren, ihm aber nicht wehtun, gerade so viel, dass er mich auch erledigte, ein Prankenhieb – Hasta la vista, Baby.

S. 30 f.

Wie jemand, dessen Zwillingsschwester ertrunken ist, halt so denkt. Ansonsten richtet Max seinen Selbstmordplan am grünen Parteiprogramm aus:

Tabletten schieden aus ökologischen Gründen aus. Ich würde unentdeckt verwesen und dann mit meinem Körper den finnischen Waldboden kontaminieren.“

S. 30

Ständig muss Max notdürftige Querverbindungen zu Hegels Philosophie konstruieren, die Habeck seiner Sprechpuppe unterschiebt, um Journalistinnen erfolgreich vorzugaukeln, er sei ein Intellektueller. Wiederum in der Pose eines Sozialkundelehrers, der sich für frech und draufgängerisch hält, fordert Habeck in diesen Hegelschen Handlungsfremdkörpern:

Schlagt irgendein Buch an irgendeiner Stelle auf und lest mal drei Sätze. Wer danach nicht denkt, dass der Typ völlig einen an der Waffel hat, ist selbst nicht ganz dicht. Hegel hat Scheiße geschrieben und sah scheiße aus und niemand hat alles von ihm gelesen, weil es so viel ist (…). Es ist natürlich klar, dass die Kirche den Selbstmord ablehnt, weil man ja ein Teil der Schöpfung ist. Aber das ist so ein typisches Hegel-Argument, denn schließlich ist ja alles, was es gibt, aus der Schöpfung hervorgegangen, also auch Atomkraftwerke, Hundescheiße und Donald Trump.“

S. 11 ff.

Aber natürlich vollbringt Bauchredner Habeck auch philosophische Eigenleistungen:

Windränder, das war klar, würden niemals all den Strom liefen, die unsere AKWs so ausbrüten, aber darum geht es gar nicht. Ich finde, Windräder sehen einfach schön aus. Sie haben etwas von Statuen. Wären wir die alten Griechen, lebten aber in der Gegenwart, würden wir vermutlich Windränder statt irgendwelcher Marmorgötter bauen. Sie sind das stahlgewordene Symbol der Hilflosigkeit des Lebens, rudern wie wild und kommen doch nicht voran. Wie Ertrinkende.“

S. 21

Fazit:

Schade, dass Max auf der Ostsee nicht gekentert ist.

U. B. Kant

Der U. B. Kant wurde 2009 erst zwei Tage nach der Bundestagwahl volljährig, sonst hätte er noch mit beiden Stimmen die Steinmeier-SPD gewählt. Heute lebt der U. B. Kant im besten Deutschland, das es jemals gab, und möchte sein Gesicht bei freien Meinungsäußerungen lieber verbergen. Seinen Ahnen entsprechend setzt es sich zusammen aus Lüneburger Heidjen, Ostwestfalen und Ostpreußen. Schädelvermesser könnten angesichts einer solch feinsinnigen Vereinigung der Schöngeister ablesen, dass der U. B. Kant die gesammelten Werke von Shakespeare, Schiller und Sophokles nicht nur dekorativ im Bücherregal stehen, sondern deren Lektüre auch nach zehn Seiten abgebrochen hat.

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