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Da kommt es zu Verfolgungsjagden, bei denen mit 90 Sachen durch Ortschaften gerast wird

3. November 2023
in 13 min lesen

Felix (Name geändert) arbeitet als Bundespolizist an der deutsch-österreichischen Grenze. Aufgewachsen in einer heilen Welt wollte Felix eigentlich nicht Polizist, sondern Soldat werden. Aus familiären Gründen entschloss er sich damals jedoch Blau statt Flecktarn anzuziehen. Sein anfängliches Gutmenschentum wurde durch erste Praktika im Studium schnell auf den Kopf gestellt, heute wählt Felix böse rechte Parteien, ist Abonnent der KRAUTZONE und lässt sich regelmäßig in der Honigwabe abzocken.

Wie alt bist Du und wie lange arbeitest du schon als Grenzpolizist?

Ich bin jünger als 40 Jahre und habe nach dem Abitur bei der Bundespolizei mein dreijähriges Studium begonnen. Von da ging es direkt nach Bayern an die deutsch-österreichische Grenze.

Was genau ist da deine Funktion als Grenzpolizist? Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Ich bin dort auf Grund meines Dienstgrades in einer leitenden Position, das heißt, ich teile die Streifen ein, gebe ihnen Aufträge und koordiniere die Sachbearbeitung. Ich kümmere mich um die Gerichtstermine, dass wir die Leute vorführen können, dass wir genügend Haftplätze in den Abschiebehaftanstalten haben.  

Das heißt im Umkehrschluss, dass du bist nicht mehr so oft auf der Straße bist?

Genau. Es ist aber trotzdem eine sehr schöne Aufgabe, ich habe eine sehr gute und motiviere Dienstgruppe und wir hatten eine Menge spannender Einsätze – wobei ich nicht weiß, wie lange ich das noch gesundheitlich durchhalte. Ich mache diesen Beruf nicht in erster Linie wegen des Geldes, sondern aus Leidenschaft. Und wenn man dann die Gefahren der ungebremsten Migration sieht, aber von Politik und Vorgesetzten Steine in den Weg gelegt bekommt, dann belastet das sehr.

Darauf werden wir später noch einmal zurückkommen. Zuerst zu eurer Einheit:  Wie viele Polizisten sind insgesamt an der bayerisch-österreichischen Grenze Station und wie groß ist eine Dienstgruppe?

Das ist schwer pauschal zu sagen. Es gibt drei große Inspektionen: Rosenheim, Passau und Freilassing. Dort gibt es überall Kontrollstellen an den großen Autobahnübergängen und jeden Tag ist Unterstützung von der Bereitschaftspolizei vor Ort. Wir haben zum Beispiel ganz regelmäßig Unterstützung aus anderen Bundesländern, die für eine Woche runterkommt, dort ihre 13-Stunden-Schicht abarbeitet und dann wieder hochfährt. Ich würde sagen pro Schicht sind mit der unterstützenden Bereitschaftspolizei immer zwischen 100 und 150 Kollegen je Inspektion und Schicht im Dienst – das betrifft freilich nur die ganz großen Inspektionen. Insgesamt hat die Bundespolizei etwa 50.000 Beamte. Bei uns ist ein massiver Personalbedarf, aber wir haben in den letzten Jahren auch viele Leute bekommen, dadurch ist auch unsere Einheit massiv angewachsen.

Und wie konkret ist eine Dienststelle aufgebaut?

Du musst dir eine Dienststelle folgendermaßen vorstellen: Es gibt den Regeldienst, die machen etwa 70 Prozent der Belegschaft aus. Und es gibt den Ermittlungsdienst, das ist sozusagen unsere Kriminalpolizei, die befassen sich mit den Ermittlungen zu den Schleusern. Die bayerische Justiz ist gerade da auch sehr rigoros, 95 Prozent der verhafteten Schleuser landet in U-Haft, der Ermittlungsdienst kümmert sich dann um die Auswertung der Handys usw. und versucht die Struktur und die Hintermänner aufzudecken, was tatsächlich oft gut gelingt, da werden durchaus Erfolge erzielt, die aber nicht an die Presse weitergeleitet werden, damit die Schleusergruppen nicht erfahren, wie wir arbeiten. Der Rest der Dienststelle besteht aus der „Teppich-Etage“, die Kollegen arbeiten im Tagdienst und kümmern sich um administrative Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung von Liegenschaft und Material.

Wie sieht denn ein typischer illegaler Grenzübertritt aus? In den Medien sieht man die Illegalen ja in der Regel in Gummibooten oder sie verstecken sich in LKW’s auf dem Weg nach Großbritannien – ist das der „normale“ illegale Einwanderer?

Die Strategien unterscheiden sich oft. Es gab dieses Jahr im Bereich einer Dienststelle mehrere LKW-Absetzungen, das läuft ganz stumpf ab: Der LKW-Fahrer weiß, dass sich auf der Ladefläche ein paar Dutzend Migranten befinden, er fährt über die deutsche Grenze, 30 bis 40 Kilometer ins Landesinnere, lässt die Leute runterspringen und haut wieder ab. Solche Aktionen wirbeln viel Staub auf, die Leute müssen irgendwo eingefangen werden. Tatsächlich stellen sich die meisten von ihnen freiwillig, denn sie müssen ja registriert werden, um Geld zu bekommen.

Der Regelfall ist aber anders: Normale PKW, Kleinbus oder Transporter werden vollgeladen, fahren dann meistens aus Ungarn los, durch Österreich, dann über die Grenze und lassen die Leute irgendwo raus. Wir greifen mittlerweile viele von diesen Schleusern auf – was nicht immer so war und gerade für uns Polizisten sehr unbefriedigend war. Der Schleuser hat ja die größte kriminelle Energie, deswegen willst Du gerade ihn festnehmen. Allerdings ist es so, dass die Schleuser, wenn sie sich bei der Vernehmung nicht allzu dumm anstellen, weitergeleitet werden. Das ist für einen Polizisten natürlich keine schöne Erfahrung.

Was heißt weitergeleitet?

Die Personen stellen dann entweder ein, mehr oder weniger gut begründetes, Schutzersuchen, schreien also „Asyl“, dann werden die Personen an eine Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet. Dort stellen die Personen dann beim BAMF ihren Asylantrag. Teilweise leiten wir aber auch Personen weiter, ohne dass sie vorher ein Schutzersuchen geäußert haben. Das liegt dann daran, dass wir keine Haftplätze für eine Zurückschiebungen nach dem Dubliner Übereinkommen frei haben oder dass die Österreicher die Person ablehnen.

Kannst du generell Trends feststellen?

Was sich in den letzten Jahren auch geändert hat ist die Häufung. Ein Aufgriff bindet jede Menge Personal und während ein Fahrzeug rausgezogen wird, geht der Verkehr auf der Autobahn weiter. So was würde sich natürlich nur mit stationären Grenzstationen an sämtlichen Grenzübergängen verhindern lassen. Das ist bei der Menge der Grenzübergänge ein großer Aufwand, aber vor Schengen hat da ja auch geklappt.

Auch während Corona…             

Ja genau!

Also würdest du sagen, dass der größte Teil der Illegalen über die Hauptübergänge der Autobahnen kommt?

Nein, tatsächlich nicht mehr. Es gibt zwar immer wieder Dumme, die in die Grenzkontrollen an den großen Passagen fahren, was bei Kollegen auch regelmäßig für Unverständnis und Belustigung sorgt, aber die Mehrzahl der Schleusungen kommt über die kleinen Grenzübergänge, die nicht dauerhaft besetzt sind. Es sind auch nicht mehr wie 2015 diese riesigen Fußkarawanen, sondern hauptsächlich Transporte mithilfe von Fahrzeugen.

Sind euch die großen LKW-Schleusungen lieber, weil man da einen Großen statt vielen kleinen Fahrzeugen aufgreift?

Da kann man keinen wirklichen Unterschied festmachen – es bindet jedes Mal sehr viele Kräfte. Bei so einer Schleusung wird das Fahrzeug erstmal von der Staatsanwaltschaft eingezogen, es sei denn es ist ein Mietfahrzeug, dann geht das zum entsprechenden Standort zurück. Privatfahrzeuge werden in der Regel beschlagnahmt, was die Schleuser natürlich auch finanziell trifft, aber das muss natürlich auch erst bürokratisch abgewickelt werden.

Also kommt ihr mit der Arbeit kaum mehr nach?

Die Dienststellen sind einfach zu klein. Vor manchen stehen mittlerweile Container, um die Migranten unterzukriegen. Es ist letztendlich die schiere Masse illegalen Grenzübertritte, die uns so zu schaffen macht. Ich weiß aus vertraulicher Quelle, dass das BAMF dieses Jahr mit 400.000 Asylanträgen rechnet, Ukrainer nicht miteingerechnet – also wir reden hier alleine von Armutsmigration aus der Dritten Welt. Das ist einfach nicht zu bewältigen. Wir von der Bundespolizei arbeiten wirklich gut, wir haben motivierte Kollegen, aber es fehlt uns an Personal und Möglichkeiten.

Du hast im Vorgespräch gesagt, dass die Schlepper immer dreister und gewalttätiger werden. Wie kann man sich das vorstellen?

In den letzten Jahren war das so: Du bist mit deiner Streife rausgefahren und wusstest, dass zwischen 2 und 4 Uhr mindestens eine Schleusung kommt. Du hast dann also ein entsprechendes Fahrzeug identifiziert, oftmals neue Wagen mit Wiener Kennzeichen. Du hast also das Fahrzeug auf der Autobahn überholt, das Signal gegeben, dass es dir folgen soll und das Fahrzeug ist dir gefolgt. Du konntest es also stoppen, untersuchen und Insassen nach den Papieren fragen. Es konnte also nichts schiefgehen. Klar ist auch mal einer abgehauen und wir mussten den verfolgen, aber damit ließ sich umgehen. Der normale Schleuser ist ja kein kriminelles Mastermind, sondern meistens ein Osteuropäer, der sich 1.500 € dazuverdienen will.

Aktuell kommt es aber vermehrt dazu, dass die Schleuserfahrzeuge immer mehr mit Fahrern einer bestimmten Nation besetzt sind – ich darf darauf nicht näher eingehen – und dass die sich durchweg versuchen der Kontrolle zu entziehen, was natürlich bei uns zu beschädigten Autos und teils schwerverletzten Kollegen führt. Das ist häufiger geworden – wahrscheinlich wissen die Schleuser, dass sie bei uns in Bayern ein halbes Jahr in U-Haft kommen. Da kommt es zu Verfolgungsjagden, bei denen mit 90 Sachen durch Ortschaften gerast wird, vorbei an Kindergärten usw., das Auto beladen mit illegalen Migranten. Die Schleuser machen sich auf diese Art natürlich noch wesentlich mehr Delikte schuldig, als dem bloßen Einschleusen. Zum Glück kriegen wir die fast alle. Und die kommen dann natürlich auch länger weg.

Wie sieht es mit Waffengewalt gegen Euch aus?

Das kommt tatsächlich nicht vor. Natürlich muss der ein oder andere Schleuser etwas unsanft aus dem Auto geholt werden, die haben auch ab und zu ein Messer im Auto liege. Es kam auch schon vor, dass im Fußraum eine Axt oder ein Hammer liegt, aber angegriffen wurden wir noch nicht.

Es gab mal einen Vorfall, bei dem es hieß, dass der Schleuser in den Wald gelaufen ist und Schüsse gefallen seien. Das hatte sich dann als Feuerwerk der Jugendfeuer im Nachbardorf herausgestellt. Aber das war zunächst ein größerer Einsatz, die Kollegen der Sondereinheit mussten anrücken. Aber wie gesagt, was Waffengewalt betrifft, geht es bisher noch, da hat Österreich größere Probleme. Aber das kann auch hier kommen.

Lass uns noch auf die Schleuser eingehen: Wenn das ein Osteuropäer ist, der Geld verdienen will, ist das dann das Ende der Kette oder gibt es größere Netzwerke, etwa die NGOs im Mittelmeer? Gibt es womöglich auch Vernetzungen nach Afrika oder den Nahen Osten?

Das ist definitiv organisiert, das läuft alles über Istanbul. Dort sitzen Ringe von Afghanen, Türken, Syrern usw. – organisierte Kriminalität pur. Ganz interessant ist da auch die Balkanroute: Man kennt ja noch die Bildberichte von 2015, wo die zu Fuß über Türkei und Bulgarien usw. kamen – das ist nicht mehr so. Jetzt fliegen die Illegalen nach Serbien, weil zum Beispiel Türken und Inder usw. in Serbien Visafrei einreisen können. Damit sind die zwar noch nicht in der EU, aber sehr nah dran. In Serbien klettern sie dann über den Zaun und sind in der EU. Damit haben sie die erste Etappe geschafft.

Wie viel Geld steckt in dem Geschäft?

Der Bundespolizeipräsident hat einmal gesagt, dass derzeit mit Schleusungen mehr Geld verdient wird, als mit Drogen. Der durchschnittlich Geschleuste zahlt für seine Reise 8.000 bis 10.000 Euro. Das teuerste an dem Prozess ist die letzte Etappe nach Deutschland. Man kann sich also überschlagen, was für Summen da mittlerweile zusammenkommen.

Kann man das Problem nicht an der Wurzel greifen?

Das große Problem für die Ermittlung ist, dass wir nicht an Istanbul rankommen. Da gibt es keine wirkungsvollen Kooperationen auf Polizeiebene. Bei Schleuserkreisen, die zum Beispiel in Wien sitzen, ist das was ganz anderes. Sitzen sie hingegen in außerhalb der EU, wird es schwierig.



Welche Rolle spielen westliche NGOs an der Schleuserei?

Das würde ich tatsächlich für vernachlässigbar halten. Wir haben aber sehr wohl schon bei Durchsuchungen Zettel von NGOs gefunden, auf denen draufsteht, was Illegale uns gegenüber für Angaben machen sollen. Wenn die sich nämlich nicht auf Asyl berufen – und das kommt vor – dann können wir sie schnell wieder abschieben. Wir hören also durchaus dieselbe Geschichte mehrmals. Ich kann aber nicht sagen, inwieweit Schleuser vom „Team Umvolkung“ Einfluss auf die Illegalen nehmen.

In einem Artikel der „ZEIT“, der sich auf die ersten drei Monate des Jahres bezog, wurden 19.600 irreguläre Grenzübertritte festgestellt – gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg von 50 Prozent. Ich nehme an, dass die Zahl im zweiten und dritten Quartal nochmal zugelegt hat. Was ist denn der Grund, dass die Zahlen dieses Jahr derart anziehen?

Zum einen hat die neue Bundesinnenministerin der Bundespolizei viele Zähne gezogen. Dazu muss ich etwas ausholen: Unsere eigentliche Anweisung lautet, die Leute festzunehmen, zu verhören und wenn sie uns keine hinreichenden oder glaubwürdigen Gründe nennen, ihren Aufenthalt hier in Deutschland zu beenden. Dann muss man auch nochmal zwischen Zurückschiebung und Zurückweisung differenzieren, bei zweiterem kann ich den illegalen Grenzübertritt unmittelbar nachweisen und den entsprechenden Illegalen rasch außer Landes verweisen. Allerdings kann ich Zurückgewiesenen kein Aufenthaltsverbot aussprechen, bei einer Zurückschiebung hingegen schon. Die hingegen ist mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden.

Und was hat Faeser damit zu tun?

Es gab einen Bericht über die ach-so-furchtbaren „Pushbacks“ an der deutsch-österreichischen Grenze, da sind dann auch behördenintern Köpfe gerollt. Jedenfalls ist es seit diesem Bericht so, dass bei Befragungen von Illegalen eine Art Katalog abgearbeitet werden muss, bei dem den Festgenommenen der Asylgrund förmlich in den Mund gelegt wird. Das hat natürlich einen riesigen Pull-Faktor erzeugt – wie überhaupt Deutschland der größte Pull-Faktor der illegalen Massenmigration ist. Die umliegenden Länder haben kein Interesse, die Illegalen festzuhalten und zu befragen, denn die wissen ja, dass die sowieso alle nach Deutschland wollen. Das Bürgergeld und die forcierten schnelleren Einbürgerungen tun da natürlich ihren Anteil. Das Erdbeben in der Türkei hat auch den Andrang verstärkt, Asylanträge in dem Zusammenhang werden auch eher positiv beschieden. Man kann das denn Illegalen noch nicht mal verübeln, auch wenn ich die nicht hier haben will. Wir hätten aber die Möglichkeit so viel mehr gegen die Illegalen zu tun, aber das wird von politischer Ebene verhindert.

Du hattest eben die Innenministerin erwähnt. Gibt es konkrete Gesetze und Vorgabenänderungen, oder ist das eher als „Klima der Angst“ zu verstehen, unter dem deine Vorgesetzten handeln?

Es gibt keine neuen Gesetze, es gibt aber Verordnungen innerhalb der Behörden, die natürlich nicht durchs Parlament müssen. Daneben gibt es das Mittel der Dienst- und Fachaufsicht: Zum Beispiel liest die Direktion in München über alle Befragungen zum Anlass der Einreise drüber. Die Österreicher wiederum lehnen viele Rückübernahmen ab, die verweisen dann darauf, dass der Illegale das Wort „Asyl“ gesagt hat, ganz gleich ob das nachvollziehbar ist oder nicht. Man könnte die Zusammenarbeit und die gemeinsamen Maßnahmen ausbauen, das wäre alles möglich, aber es fehlt der politische Wille im Bundesinnenministerium. Ich weiß auch aus vertraulicher Quelle, dass der Bundespolizeipräsident und Nancy Faeser nicht das beste Verhältnis haben – es gab in der Vergangenheit ja bereits einen Skandal, als Faeser andere, beschönigende Zahlen verwendet hat, statt die von uns erhobenen. Man kann nur hoffen, dass ihr Fehlverhalten ernstzunehmende Konsequenzen für sie hat. Aber das Problem ist ja auch: Wer soll denn nachkommen aus der SPD oder der „Ampel“?

Es zeigt sich ja immerhin, dass die Ampel-Regierung ideologiegetrieben agiert, aber eben auch sehr inkompetent ist. Aber davon ab: Wie ist die Stimmung konkret auf der Arbeit?

Seit 2015 wurden die Dienststellen an der deutsch-österreichischen Grenze massiv verjüngt. Vor dem Ausbruch der illegalen Massenmigration waren das kleine Reviere, die aber durchaus spektakuläre Aufgriffe hatten, zum Beispiel Waffenschmuggler vom Balkan usw. Jetzt haben wir einen Haufen junger Kollegen, die alle einen an sich tollen Beruf ausüben dürfen und dafür auch gut entlohnt werden. Die sind eigentlich auch motiviert, aber werden Tag für Tag desillusionierter. Es ist sehr frustrierend im Einsatz gegen die Schleuser so viel zu geben, und doch mit ansehen zu müssen, dass die Illegalen ins Land strömen. Selbst wenn die Schleuser im Knast landen – an die Hintermänner kommt man nicht ran und die Illegalen bleiben im Land. Die Frustration ist also sehr hoch und – das macht mir persönlich Angst – es macht sich unter den Kollegen ein wahnsinniger Zynismus breit.

Gibt es auch konkrete Anlässe, dass die Stimmung „kippt“?

Es kommt immer wieder zu erschütternden Fällen: Bei Dresden beispielsweise hat ein Schleuser sich der Kontrolle entziehen wollen und hat einen Unfall gebaut, dabei kam eine Insassin ums Leben – sie ist für nichts gestorben. So schlecht konnte es ihn Tschechien nicht gehen und auch nicht in den anderen Ländern. Es ist auch einfach nicht unser Problem deren Probleme zu lösen.

Du erlebst Sachen: Zum Beispiel verlässt der Schleuser auf der Flucht sein Fahrzeug und verriegelt dabei noch sein Auto, weshalb dann bei 30 Grad Außentemperatur erstmal die Feuerwehr anrücken muss, um das Auto zu öffnen. Du stumpfst aber so ab, dass dich das emotional nicht mehr angreift. Diese Entwicklung finde ich sehr beängstigend. Einerseits ist ja auch unsere Aufgabe die Menschen zu schützen, andererseits sind sie dir aber auch egal, weil Du weißt, dass die dich die nächsten acht Stunden sowieso nur anlügen werden oder einfach nur rotzfrech sind. Die erste Frage, die dir Illegale stellen, nachdem Du sie auf die Dienststelle bringst, ist die nach dem WLAN.

Von der Politik kommen allenfalls Lippenbekenntnisse und das bremst dann auch den Ehrgeiz junger Kollegen, beruflich aufsteigen zu wollen. Die Krankheitsfälle gehen nach oben, denn du reißt deine Zwölfstundenschichten runter und am nächsten Tag geht alles weiter, wie gehabt. Die Stimmung ist also insgesamt sehr schlecht, man feiert keine Erfolge mehr.

(Anm. d. Red. Das Gespräch hat vor dem Unfall mit sieben Toten auf der A94 stattgefunden.)

Stichwort „politisch geht es nicht voran“: Was voran geht, sind die Umfragewerte der AfD. Redet ihr offen über so etwas?

Ja, das tun wir, und wir wählen auch eigentlich alle die AfD. Wie ich gesagt habe, es sind ja vor allem junge Leute, und die verstehen die Situation eher, als die älteren Kollegen. Für die wiederum ist die Union das Maß der Dinge, davon lassen sie sich auch nicht abbringen. Aber die jungen Kollegen versprechen sich von ihrer Stimme für die AfD viel. Wir haben natürlich nie eine AfD-Regierung gesehen, aber so wie jetzt, kann es nicht weitergehen.

Eine typische Forderung ist der klassische Grenzzaun, wie die USA den zum Beispiel hat. Glaubst Du, dass der Sinn machen würde?

Das kommt ganz auf den Grenzabschnitt an. Wir brauchen ja keinen Zaun, der um die komplette BRD verläuft, bei uns kommt die illegale Massenmigration vor allem über die Balkanroute, über Italien ist sie hingegen nicht so stark. Zwischen Deutschland und Österreich hast Du im Bereich von Passau den Inn, da brauchst Du keinen Zaun. Im Bereich der tschechischen und polnischen Grenze würde ein Zaun Sinn machen. Der Zaun muss aber auch bewacht werden und die Wächter brauchen eine gewisse Handhabe, heißt: Eine Grenze muss zur Not auch mit Waffengewalt verteidigt werden. Ich rede hier natürlich nicht von DDR-Verhältnissen, aber wir müssen im Ernstfall auch rigorose Mittel verwenden dürfen.

Du tendierst aber zu einer anderen Lösung?

Man kann es eben auch sanfter machen: Die Pull-Faktoren müssen weg. Man darf den Leuten kein Geld mehr geben und die Abschiebungen von Illegalen müssen konsequent durchgeführt werden. Ausreisepflichtige müssen endlich rausgeschafft werden, bei Geduldeten wird die Duldung nicht mehr verlängert. Aber die Abschiebungen scheitern viel zu oft. Ein Zaun ist sicherlich ein gutes Mittel, aber wir könnten mit niedrigschwelligeren Maßnahmen bereits sehr viel erreichen. Ich halte es mit Shlomo Finkelstein: Der Karren ist noch nicht an die Wand gefahren, aber in den nächsten fünf bis zehn Jahren muss sich etwas ändern, sonst sehe ich vor allem für westdeutsche Großstädte keine lebenswerte Zukunft mehr.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Redaktion

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