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Die Netzredaktion verabschiedet sich ins neue Jahr!

22. Dezember 2023
in 2 min lesen

Das war‘s mit 2023: Neun Tage bleiben noch, um zwischen Braten, Plätzchen und dem ein oder anderen Glas Wein das Jahr zu resümieren. War es ein gutes Jahr? Je nach Maßstab: Ja, absolut. Etwas ist aufgebrochen. Im Alltag vernimmt man so eine Art von Stimmung – bitter, wütend, was aber noch viel wichtiger ist: unversöhnlich. Plötzlich merkt Michel, dass es um etwas geht. Der Raubbau an allem, was den Deutschen heilig sein sollte, ließ sich in den letzten Jahrzehnten mit ein bisschen bierfurzgeschwängerter Fußballeuphorie, Konsumerismus und dem regelmäßigen Exerzieren von Schuldkomplexen kaschieren. Es war ein Kreislauf des Verderbens – aber plötzlich scheint eine Macht in diese Speiche zu greifen. Plötzlich ist der kollektive Ärger über Symptome des Untergangs unserer Kultur nicht mehr nur ein kurzes Aufglimmen, das mit dem Ende der Raucherpause erlischt. Eine Art von Empfindsamkeit, ja regelrechtem Interesse für die Ursachen des Verfalls ist zu erkennen.

Genau dieser Entwicklung fühlen wir von der KRAUTZONE seit nunmehr sechs Jahren nach. Dabei stellen wir immer wieder fest: Verfallserscheinungen zu prognostizieren, ist im Zeitalter des kommerziellen Krisenprophetismus keine Kunst – überraschender und interessanter ist die Entwicklung derjenigen Mächte, die – wie eben beschrieben – in die Speiche greifen oder sich gleich ins Rad werfen. Entwicklungen, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten, sind nicht zwangsläufig. Mit etwas oberflächlicher Spengler-Rezeption könnte man sich zurücklehnen und das, was um uns herum passiert, einfach aus der kühlen Warte des Beobachters hinnehmen. Aber was dieser Haltung, diesem rationalen Hinnehmen des scheinbar Unausweichlichen, so völlig abgeht, ist ein Bewusstsein für die innere Macht der Auflehnung. Es gibt eine ganz natürliche, menschlich veranlagte Abscheu vor dem Linken, Hässlichen, Widernatürlichen – vor dem Chaos also, das nicht mehr mit Worten, sondern nur noch mit Bildern zu fassen ist.

Pieter Bruegel, Der Triumph des Todes, 1562.
Felix Nussbaum, Triumph des Todes, 1944.
Ein Brunnen in Wien, 2023, betrachtet von unserem Kolumnisten Phrasendrescher.

Was Spengler so wichtig macht, ist also nicht die aus ihm abgeleitete Haltung zu Chaos und Untergang. Es ist vielmehr die Erkenntnis, dass die Entweihung von allem, was uns lieb und heilig ist, dass die Zerstörung unserer Welt, unserer Kunst, unserer Sprache, unserer Sicht auf uns selbst und auf andere eben nicht das Ende der Geschichte – unserer Geschichte – ist. Das alles haben wir schon erlebt. Vielleicht sind also die nächsten neun Tage ein guter Anlass, den Blick nicht allein auf das vergangene Jahr zu beschränken, sondern mal darüber nachzudenken, durch welche existenziellen Krisen unser Volk und unsere Nachbarvölker bereits schreiten mussten.

Dieses Brett ist etwas dicker, das Sinnieren erschöpft sich hier nicht allein im bloßen „Dagegensein“. Einfach nur antimultikulti, antiwoke oder antilinks zu sein, ist keine Haltung, aus der heraus irgendetwas entstehen könnte. Aus dieser Substanzlosigkeit folgt das „Ja, aber…“, die eigentliche Kapitulation vor dem elenden Zeitgeist. Das führt mich geradewegs zu unserem Podcast.

Gemessen an den Kommentaren ist das unsere kontroverseste Folge. Geplant war das nicht, interessant ist es aber umso mehr: Wir haben Lagerkritik betrieben, was heißt: Kritik an der Kritik, die wir für oberflächlich und substanzlos halten. Kritik am Affekt, an diesem boomeresken Dagegensein, am dialektischen Unsinn, der sich zwischen zwei konstruierte Stereotypen aufspannt – Burka oder Bikini? Pierre Vogel oder Ali Utlu? Null-CO2-Existenz oder Dieselpunk?

Man wird in Zukunft noch darüber zu reden haben, aber nicht mehr dieses Jahr. 40 Podcast-Folgen, daneben zahlreiche Videos, sechs Printausgaben, eine Sonderausgabe, außerdem etwa 200 Kolumnenartikel und zahlreiche weitere Netzartikel haben unsere Leser und Zuhörer hoffentlich gut durch’s Jahr 2023 begleitet.

Im Namen der Redaktion, der Kolumnisten und der vielen Netzautoren bedanke ich mich bei Euch für eure Treue, euer Lob und eure Kritik. Feiert im Kreise eurer Liebsten ein besinnliches Weihnachtsfest, rutscht gut ins neue Jahr und freut Euch 2024 auf viele, viele neue Artikel, Podcasts, Videos und Beiträge der KRAUTZONE.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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