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Die Zeller Keramik Manufaktur ist nicht insolvent, sie hört nur (bald) auf, zu produzieren

6. Oktober 2023
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„Hahn und Henne“, so lautet der lapidare Produkttitel für eines der bekanntesten und langlebigsten Service, die in unserem Land produziert werden. Doch damit ist sehr wahrscheinlich bald Schluss, denn dem wirtschaftlichen Nerobefehl der Ampelregierung fallen deutsche Traditionsunternehmen reihenweise zum Opfer.

Jetzt geht es der Zeller Keramikfabrik an den Kragen. Als bescheidene Manufaktur nahm das Unternehmen im Jahre 1794 in der kleinsten aller Reichsstädte, Zell am Harmersbach, seine Arbeit auf. Da es im westlichen Schwarzwald an passender Tonerde mangelt, ließ man aus dem weit entfernten Limoges in Frankreich das Material herankarren. Die fertigen Waren fanden nicht nur in ganz Europa Abnehmer, sondern auch in der „Neuen Welt“.

Der große Wurf gelang den Zellern mit der Kreation von „Hahn und Henne“. Dieses Servicemotiv, das 1898 anlässlich der Geburt seiner Tochter vom Gestalter Karl Schörner entworfen wurde, deckt bis heute zahlreiche Tafeln im In- und Ausland. Man sah die markanten Bechertassen nicht nur im Bauwagen von Peter Lustig, auch ich trank als Knirps meinen Kakao aus ihnen. Etwas abgestoßen, aber immer noch schön anzusehen, stehen sie noch heute in meinem Küchenschrank.



Tassen, Unterteller, Teller, Suppenteller, Zuckerdosen, Milchkännchen… – ich weiß nicht, wie viele Teile das „Hahn und Henne“-Service mittlerweile im Produktkatalog umfasst, aber wer auch immer seine Sammlung vervollständigen will, sollte sich beeilen. Die hohen Energiekosten und die rückläufigen Verkaufszahlen machen gerade energieintensiven Unternehmen wie jenen, die in der Keramikherstellung tätig sind, den Garaus – ein weiteres prominentes Opfer der wahnwitzigen Ampelagenda ist Römertopf.

Es ist ein Jammer: Da übersteht ein Unternehmen Kriege und Krankheiten, gibt über Generationen hinweg zahlreichen Ansässigen ein Auskommen und eine erfüllende Aufgabe, da gelingt in all den Jahrzehnten sicherlich auch die ein oder andere Innovation im Produktionsprozess – und damit ist jetzt Schluss. Es ist Schluss, weil eine Regierung, deren Agenda nur noch mit einem fanatischen Hass auf das Land und seine Leute erklärt werden kann, die heimische Wirtschaft in die Knie zwingt.

Wirtschaft und Kultur sind keine getrennten Komplexe, schon gar nicht geht das eine zwangsläufig auf Kosten des anderen. Nein, Wirtschaft ist Kultur und Kultur ist immer auch Wirtschaft. Der deutsche Hang zur inneren Einkehr spiegelt sich eben auch im unternehmerischen Tüfteln wider, im Optimieren des Produktionsprozesses, im liebevollen Gestalten des hergestellten Produkts. Sicher, statt aus Zeller Keramik kann ich meinen Kaffee auch aus der Tasse eines schwedischen Möbelhausgiganten trinken. Für den Massenmenschen tut es eben auch die Massenkultur, und genau das ist eben kein Problem für uns, die wir Wert auf Distinktion legen, solange wir die Wahl haben und uns jenseits der endlos langen Regale, gefüllt mit dem endlos Gleichen, einen Sinn für den feinen Unterschied bewahren.

Die so gerne beschworene Vielfalt der „einen Welt“ ist nicht nur mit Blick auf den entwurzelten Massenmenschen ein bitterer Spott, die globalisierte Tristesse spiegelt sich auch im Niedergang von Traditionsunternehmen und dem Verschwinden ihrer einzigartigen Produkte wieder. Die Zeller Keramik Manufaktur ist ein Teil davon.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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