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Ens Sprache, ens Ästhetik und ens Macht

14. März 2023
in 3 min lesen

Keine Sorge, das hier wird nicht die hunderttausendste Abrechnung mit dem Gendern. Es wurde längst bewiesen, dass alle angeblichen Vorteile des Sterns, des Strichs, des „-innens“ und des Geschlechter-„gerechten“ Äußerns ungefähr so viel Inhalt haben, wie der Gender Pay Gap real und unfair ist. Man hat Artikel und Pamphlete, wissenschaftliche Arbeiten und investigative Artikel zur Genüge geschrieben, die etwa vom Unterschied zwischen Sexus und Genus handeln, die sprachliche Tricks und angeblich fehlende Repräsentation zum Thema haben und die auch auf den ästhetischen und kulturellen Schaden eingehen, den das Gendern auslöst. Auf einer argumentativen Ebene ist das Thema längst durch – doch früher oder später wird man wieder damit konfrontiert. Wie also sollte man reagieren?

Dass Sprache immer schon mit Macht zu tun hat, wusste schon Friedrich Nietzsche. Der Mächtigste setzt seinen Begriff für ein Ding durch, und die Sprache ist dadurch erfolgreich beeinflusst. Dieser Prozess wird auch heute noch angewandt, um das Denken über ein Thema in die richtige Richtung zu lenken. Neben neuen, meist englischen Begriffen geht es heute aber vor allem um die Deutungshoheit im politischen Diskurs. Die „Tagesschau“ hat durch ihre Berichterstattung, ihr „Framing“ und ihr „Wording“ dann die Aufgabe, pünktlich um 20 Uhr die Gewinner des ungleichen Kampfes zu präsentieren.

Natürlich tobte dieser Kampf bereits vor der „Tagesschau“, in Deutschland sogar innerhalb eines Jahrhunderts in vier verschiedenen Systemen: im Kaiserreich, im Nationalsozialismus, im Realsozialismus und im Kapitalismus. Die Nationalsozialisten versuchten mit ihren zahlreichen Abkürzungen (BDM, HJ, KdF et cetera), die Illusion zu erzeugen, dass ihre Institutionen seit Jahren im Gemeinwesen etabliert seien. Die Marxisten versuchen seit jeher, mit ihrer Sprache für den wissenschaftlichen Charakter ihrer Ideologie zu argumentieren, was das Gerede vom Proletariat, dem Imperialismus, der Klasse oder der Bourgeoisie erklärt. Immerhin haben sie mit dem Vorwurf recht, dass im Kapitalismus das Kapital eine große Rolle spielt, wenn es um die Macht geht, die richtigen Worte für sein Anliegen zu finden und durchzusetzen.

Mit der Sprache einher geht in diesen politischen Systemen natürlich auch ein gewisses Gespür für Ästhetik. Dem besonders aufmerksamen Flaneur fällt dieser Umstand auf, wenn er auf die verschiedenen Straßenschilder, die U-Bahn-Stationen und natürlich generell auf die ihn umgebende Architektur achtet. Die verschiedenen Epochen haben nämlich ihre eigene Ästhetik, präferieren eigene Schriftarten, Begriffe und Ausdrucksformen und drücken der Zeit damit ihren ideologischen Stempel auf. Wer die politische Macht hat, der kann auch bestimmen, was schön und recht ist. Die Avantgarde schreitet voran, die Politik zieht nach.

Bei den meisten Politkreisen links der CSU wird Gendern und Co. längst als etwas Gutes wahrgenommen. Doch die Ästhetik dahinter vermag kaum jemanden zu überzeugen, und genau das ist ihre Schwäche. Seit den 90ern geben sich Regierungen gar keine wirkliche Mühe mehr, das Volk ästhetisch anzusprechen und das Land nach ihren Vorstellungen umzugestalten.


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Als Avantgarde, auch wenn sie dieser Rolle aufgrund fehlender Ästhetik nur begrenzt gerecht wird, dienen linksliberale Institutionen, die in den letzten Jahrzehnten immer mehr an gesellschaftlicher Macht gewonnen haben. Sie haben wahrlich eine hypermoralische Epoche geprägt, in welcher keinem auf irgendwelche Füße getreten werden soll. Ergebnis ist der Status quo, in dem jeder gerne Opfer und Minderheit sein will und sich damit automatisch schon zu den „Guten“ rechnen darf. Mitleidsästhetik und Mitleidspolitik haben sich in den letzten Jahren in Kunst, Kultur und Architektur gezeigt. Auch die Politik der letzten Jahre war symptomatisch: Atomstrom, die Flüchtlingskrise und die Rettungsschirme für Griechenland – drei Entscheidungen, die eine Kanzlerin der CDU im Sinne der linksliberalen Wortgeber getroffen hat. Wird sich das Gendern also aufgrund dieses Siegeszugs durchsetzen?

Ganz klar nein: Selbstverständlich wird auch diese Epoche untergehen, zumal ein Großteil des Volks einfach keinen Bock auf die ästhetiklose und immer absurder werdende Sprache der Politiker hat. Während sich die meisten Deutschen immer noch gegen das Gendern aussprechen, ist die „Tagesschau“ vor zwei Jahren bereits einen Schritt weiter gegangen und informiert „ens Zuschauens“ über die aktuell neueste Form des fairen Sprechens.

Und damit zum eigentlichen Punkt: Schlimmer kann es kaum werden! Die regierende Kaste legt im Moment keinen Wert auf Ästhetik und verirrt sich in immer absurderen Nischen. Das sind ganz klare Niedergangssymptome einer wackelnden Machtposition. Nihilistischer, unästhetischer und weltfremder können sie nicht werden, ohne sich komplett lächerlich zu machen.

Für uns ist es also an der Zeit, Ansprüche zu äußern. Die aktuell billig-einheitliche Stahl-, Glas- und genderneutrale Times-New-Roman-Ästhetik der BRD und das immer absurder werdende flehende Fordern, sich bei den „Guten“ einzureihen, sind dem Untergang geweiht. Unsere Sprache dagegen hat im letzten Jahrhundert vier Staatssysteme erlebt, da schafft sie ens Kulturbanausens und ens Nihilistens der Moderne auch noch, ohne langfristigen Schaden zu nehmen. Deswegen gilt es jetzt, nicht mehr zu meckern und zu jammern, sondern die Augen und Ohren nach vorne auszurichten. Halten wir uns an eine schöne Sprache, denn Schönheit überzeugt! Sollen sie ruhig ihre letzten Reserven in einen verlorenen Kampf stecken, uns soll das nicht mehr scheren…

PhrasenDrescher

Der Phrasendrescher - wie könnte es anders sein - promoviert derzeit interdisziplinär in der Philosophie und der Politikwissenschaft. Als glühender Verehrer von Friedrich Nietzsche weiß er, dass man auch Untergänge akzeptieren muss und arbeitet bereits an der Heraufkunft neuer, stärkerer Werte.

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