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Jugendstudie – Zwischen Apathie und Rückbesinnung

13. Juni 2023

Eine neue Studie zum Verhältnis der Generationen ist erschienen. Erstmalig wurde ein Vergleich zwischen Generation X (1965-1979), Generation Y (1980-1994) und Generation Z (1995-2009) hinsichtlich ihrer Einstellungen zu Tugenden, Werten, digitalem Leben, beruflicher Orientierung, Einstellung zur Arbeit, Wohlstand und Politik, durchgeführt. Die Grundaussage ist: von einem ausgewachsenen Konflikt zwischen den Generationen kann keine Rede sein.

Die Studie fasst die wichtigsten Erkenntnisse wie folgt zusammen. Bei der jungen Generation gibt es eine große Diskrepanz zwischen persönlicher Stimmungslage, die allgemein als gut bewertet wird und gesellschaftlicher Stimmungslage, die als nicht so gut und zunehmend schlechter werdend, bewertet wird. Die Jungen haben hohe persönliche Erwartungen und leiden zunehmend unter Stress, Selbstzweifeln und Antriebslosigkeit, ein deutlicher Unterschied zu den Älteren, die deutlich resilienter gegenüber, nicht in das eigene Welt- und Selbstbild passenden, Anforderungen der Lebenswirklichkeit sind. Es wird konstatiert, dass sich insbesondere die Jungen durch Corona, Klima, Krieg und Inflation in einem Dauerkrisenmodus befinden.

In der Arbeitswelt wollen die Jungen zwar gern sinnhafte Arbeiten ausführen, bewerten aber Geld und Spaß bei der Arbeit deutlich höher. Bei Werten und Tugenden ist überraschend, dass die Jungen konservativer sind als gemeinhin angenommen, es gibt wenig Unterschiede zwischen den Generationen. Familie und das Vorbild Eltern werden hoch gewertet. Interessant ist, dass der Wert „Demokratie“ im Ranking nur auf dem 9. und damit vorletzten Platz liegt.

In der Arbeitswelt trifft für die Jungen ein hohes Selbstbewusstsein mit guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt aufeinander, sie wünschen sich neben Spaß und Topverdienst auch, dass man sich stark um sie kümmert und möglichst positives Feedback gibt. Ein weiteres Kapitel widerlegt Mythos der faulen Jugend. Es sind nur gering höhere Bewertungen bei Aufmerksamkeit für Arbeitsaufgaben und Engagement für gute Arbeit bei den älteren Generationen gegenüber der jungen Generation feststellbar. Inwieweit hier selbstdarstellerische Schönfärberei eine Rolle spielt, ist spekulativ.

Die Sorgen über Altersarmut und geringer Rente sind bei der jungen Generation enorm. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters wird von allen Generationen abgelehnt. Der größte Unterschied zwischen den Generationen wird bei den Parteienpräferenzen festgestellt. Generation Z wählt überdurchschnittlich viel Grün und zum Teil FDP, was sich aber nicht grundsätzlich bei der Beurteilung inhaltlicher politischer Fragen niederschlägt.

Bedenklich erscheint die Schlussfolgerung aus der Studie, diese würde, in der Kohorte der Generation Z, den sogenannten „Gender Pay Gap“ bestätigen. Für die Generation Z stützt sich diese Aussage auf die Einkommensangaben von ca 35 Männern und ca 25 Frauen. Diese geringe Datenmenge, noch dazu ohne genauere Untersuchung der konkreten strukturellen Unterschiede, als angeblichen Beweis für einen „Gender Pay Gap“ heran zu ziehen, ist unterkomplex und darf als politisch motiviert gelten. Ich möchte das Unternehmen sehen, welches bei gleicher Qualifikation und Dienststellung Männer und Frauen unterschiedlich bezahlt – das gab es schon zu meiner Zeit nicht und heute noch viel weniger.

Ich will hier nur wenige Besonderheiten kommentieren. Angeblich überraschen die Ergebnisse. Mich weniger. Junge Menschen haben ein sehr großes Selbstbewusstsein, fordern aber immer mehr Verständnis bei Überforderung. Wenn die sich eigentlich ausschließenden Eigenschaften – Selbstbewusstsein einerseits und Empfindlichkeit und Gereiztheit bei Problemen andererseits – sich gegenseitig hochschaukeln, so muss es dafür Ursachen geben. Geltungsdrang bei gleichzeitiger Mimosenhaftigkeit sind typische Erscheinungen bei Narzissten. Und zu diesen haben die Eltern sie gemacht.


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Sehen wir uns die Elterngenerationen an: Die Boomer erzeugten die Generationen X und Y, die Generation X wiederum erzeugte auch die Generation Y, vor allem aber Generation Z – es gibt Überschneidungen, daher ist diese Einteilung zugegeben grob. Ich selbst habe mich oft gefragt, an welcher Stelle der Umschwung im Generationenverhalten eingesetzt haben könnte. Es muss etwas mit der ab Ende der 60er, allerdings nur in den alten Bundesländern aufkommenden antiautoritären Erziehung zusammenhängen (vielleicht war aber auch die Einführung des Fahrradhelms 1975 der entscheidende Einschnitt).

Anders gesagt, mit der Vermischung von grenzenloser Freiheit einerseits („Du kannst machen, was du willst“/„Wenn du etwas nicht möchtest, musst du es nicht tun“) und Überbehütung andererseits. Gerade der zweite Punkt kommt auf zu kurz: Angst. Angst davor, es könnte etwas passieren. Alle Unbill des Lebens muss vor dem Nachwuchs zurückgehalten werden. Und es wird immer schlimmer. Grundsätzlich ist alles, was der kleine Sprössling macht toll und super, Kritik grenzt an Kindeswohlgefährdung. Man trägt heute schon auf dem Dreirad Helm, auf dem Schaukelpferd wird festgegurtet, Zehnjährige werden immer noch von Mutti zur Schule gefahren, es gibt kaum einen Wunsch, der nicht unmittelbar erfüllt wird. Einzelkinder müssen Genies sein – man hat ja nur eines –, bei einer schlechten Note diskutieren die Eltern mit dem Direktor. Ein klein wenig kann ich hier mitreden, ich habe acht Enkel der Generation Alpha (2010-2025).

Was glaubt man eigentlich, ist das Ergebnis dieser Erziehung, die Kinder auf ihr Erwachsenendasein vorbereiten soll? Glücklicherweise ist es heute so, dass sie auf einen Arbeitsmarkt treffen, der sich über jeden Arbeitswilligen freut. Hier treffen dann erstmals Anspruch und Wirklichkeit aufeinander. Man möchte machen, was Spaß macht, man möchte betreut und möglichst häufig gelobt werden. Passt es nicht, wirft man hin oder verfällt in Depressionen. Was wird sein in zehn oder 20 Jahren, wenn die künstliche Intelligenz Millionen von Jobs überflüssig macht?

Generation Z, das sind die Kinder ihrer Eltern, in guter Absicht wurden aus ihnen viel zu viele Heulsusen und Weicheier. Ihnen helfen, um krisenfester und resilienter zu werden ist schwierig, Erfahrung ist nicht erlernbar. Erfreulich aber ist die weiterhin konservative Einstellung zu Werten und Tugenden. Wenn die junge Generation dann noch erkennt, dass an der Inflation nicht der Russe schuld ist und an der zu erwartenden Rentenarmut nicht der Boomer, dann wird es eng für die Politik. Der Wunsch der Linksgrünen nach Senkung des Wahlalters zur Mehrung von Wahlstimmen, könnte sich dann als Schuss ins Knie erweisen. Nichts ist für Regierungen so gefährlich, wie eine enttäuschte, um ihre Chancen gebrachte Jugend.

Udo Holm

Glücklicher Privatier und Hobbyschreiber mit grimmigem Humor und zunehmender Altersmilde. Geboren im grünen Herzen Deutschlands als Grün noch die Farbe der Blätter und nicht die Beschreibung eines Geisteszustandes war. Als guter Beobachter erkennt er seine Schweine am Gang und lässt sich nichts mehr vom Pferd erzählen. Lebt in Berlin und schreibt im "Spiegelsaal".


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