Den Satz aus der Überschrift kann ich wohl gemeinsam mit Florian Müller, Peter Kuntze und Max Reinhardt unterschreiben, lediglich die Konnotation dürfte abweichen. Mit dem Christentum und seiner zentralen Gestalt können viele Leute heutzutage, wie auch in den letzten 2000 Jahren nichts anfangen. Die Gründe dafür sind allerdings höchst unterschiedlich. Während für die einen das Christentum eine zerstörerische und gefährliche Ideologie ist, ist es für die nächsten zu schwach und steht somit der Umsetzung von politisch notwendigen Grausamkeiten im Weg.
Dieser Widerspruch fiel bereits dem Briten G.K. Chesterton auf, der in seinem Buch „Orthodoxie“ schrieb: „Was mochte das für ein Christentum sein, dass unablässig Kriege verbietet und Kriege zeugt (…),es lege der Sexualität zu viele Fesseln an (…) es lege ihr zu wenig an (…) man tadelte es gleichzeitig weil es zu farblos und zu farbenprächtig ist.“
Chesterton, der seinerzeit irgendwann vom Agnostiker zum Christen wurde, erklärte das mit der besonderen Art des Christentums, Widersprüche zu vereinen ohne sie aufzulösen. Einen solchen Widerspruch haben wir beim Kreuzestod Jesu, dessen wir an Karfreitag gedenken in Reinform. Jesus stirbt als Unsterblicher, er wird zugleich erniedrigt und erhöht, er ist das Opfer und der Priester, es finden Vergeltung und Vergebung im gleichen Augenblick statt. Klingt unlogisch?
Nach Chesterton gehören Geheimnisse zum Christentum und zur Erklärung der Welt dazu. Es gibt Dinge die selbst nicht erklärbar sind, aber in deren Licht alles andere Sinn macht. Angewandt auf den Kreuzestod heisst das: Es gibt einen Ort wo unsere Sehnsucht nach Gerechtigkeit und unsere Hoffnung auf Versöhnung zusammenkommen können. Wo die unausweichliche Realität des Todes und die Hoffnung auf ein ewiges Leben zueinander finden. Nicht indem faule Kompromisse gemacht werden, sondern in dem beides ganz zur Geltung kommt.
Da mag der eine, aus Angst vor der Brutalität des Kreuzes, dass seinen humanistischen Ansichten zu hart ist, mit den Worten des Apostels Petrus, der Jesus von seinem weg in den Kreuzestod abhalten will sagen: „Gott bewahre dich Herr! Das widerfahre dir nur nicht!“(Mt 16,22).
Der etwas weniger sentimentale Nietzscheianer mag mit den Spöttern unter dem Kreuz rufen: „Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben“(Mt 28,42).
Es mag die Schwachheit und die zu große Stärke Gottes, die Sichtbarkeit und die Verborgenheit, die Zugewandheit und Abgewandheit am christlichen Gott kritisiert werden und doch finden dort immer wieder Menschen einen Halt, der über ein rational stimmiges, metaphysisches Gebilde weit hinausgeht. Das Christentum scheint, bei allen logischen Diskussionspunkten, die wichtigen Fragen des Menschen anzusprechen und auf seine Sehnsüchte einzugehen.
Es mag etwas schräg sein. Und ja es mag seltsam erscheinen. Die Botschaft, dass der Tod eines Israeliten vor 2000 Jahren an einem antikes Folterinstrument der einzige Weg zum Heil ist, mag paradox und skurril sein, dennoch ist er wahr. Im 1.Korintherbrief 1,18 heisst es „Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden, uns aber, die wir selig werden, ist’s eine Gotteskraft“.
Das Wort vom Kreuz bleibt genauso kantig und eckig wie das Kreuz selber. Errettung gibt es nur durch den Glauben an Jesus und die Erkenntnis der Sünde. Jesus ist eben kein lustiges Add-On, sondern ein Reboot mit neuem Betriebssystem. Karfreitag ist ein guter Tag, das herauszufinden.
Amen.