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Reden wir über Kapitalismus – Was taugt das Staatsmonopol?

15. Juli 2022
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Als reaktionär-libertäres Meinungsmagazin ist die eine Hälfte unseres Auftrags klar, und mit Blick auf die knapp 1.000 Netzartikel und nunmehr 27 Printzeitschriften können wir mit Fug und Recht behaupten, dass wir weit über die tiefhängende Frucht des „Damals war alles besser“-Arguments hinausgreifen. In der Postmoderne reaktionär zu sein, ist wichtig und richtig, aber es ist auch zwangsläufig. Wer für die Degenerationserscheinungen unserer Zeit nur noch Verachtung übrig hat, rekurriert ganz von selbst auf tradierte Werte und ewige Wahrheiten.

Das ist die eine Seite. Die andere, die libertäre, ist nicht weniger notwendig, denn sie definiert unsere Haltung gegenüber der Staatsmacht. Libertäre sehen im Staat nicht den großen Hebel, mit dessen Hilfe wieder alles in Ordnung gebracht werden könnte – für uns ist der Staat der Hauptverantwortliche an den allgemeinen Verfallserscheinungen. Heißt das im Umkehrschluss, dass wir den Staat als solchen ablehnen? Dass wir also in einer Art Naked-Island-Traumland umherwandeln wollen, in dem der freie Markt alles regelt? Nein, vielleicht nicht ganz – die Sache ist komplexer…

Einige mögen glauben, dass Gott den Staat am achten Tag erschaffen hat – tatsächlich ist der Staat als Idee und konkrete Erscheinung das natürliche Ergebnis menschlichen Zusammenlebens. Das streiten wir nicht ab. Wer sich aber mit Geschichte auseinandersetzt, was wir allein aus unserer reaktionären Neigung heraus gerne tun, der wird feststellen, dass die Wurzeln des Staats in seiner heutigen Erscheinung – anmaßend, ausdehnend, verschwenderisch, zunehmend ineffizient – mit den Bedingungen von Krieg und Krise untrennbar verflochten sind.

Eine effiziente, zentralistisch organisierte Steuerverwaltung zum Beispiel wird in den meisten Ländern ihren direkten Ursprung in der Finanzierung irgendeines Krieges genommen haben. In Frankreich ist das definitiv der Fall, und in einer kommenden Printausgabe werden wir uns das am Beispiel Preußens genauer ansehen. Damit in Verbindung steht natürlich auch die dauerhafte Finanzierung der „ausführenden Gewalt“ – in Frankreich ist es etwa König Karl VII., der die Tradition des Arrière-ban beendet. Wo sonst in der Stunde größter Not das Läuten der Sturmglocken jeden französischen Mann zu den Waffen rief, stand jetzt ein Berufsheer, ein Auffangbecken für das Gesindel und die Lumpen des ganzen Landes, das natürlich auch im Frieden bezahlt werden wollte und das sich als williges Werkzeug des Königs – l’etat, c’est moi – auch gegen die unliebsamen Untertanen in Marsch setzen ließ. Daran änderte der Sturz der Monarchie und die Errichtung der Republik nichts. Kolumnist Vesargo hat sich in unserer aktuellen Printausgabe mit der brutalen Niederschlagung der Vendée auseinandergesetzt.

Natürlich ist der Staat gierig, und wenn der Steuergroschen einmal rollt, dann liegt die Erfassung der Bevölkerung, das Zählen der Köpfe, das Vermessen der Ländereien auf der Hand. Wo gibt es noch was zu holen, wo lässt sich noch etwas rauspressen? Grundsteuer, Fenstersteuer, Verbrauchersteuer, Kriegssteuer – man kann das nicht aufzählen, ohne das Geräusch klopfender Stempel und kratzender Federkiele zu vernehmen. Irgendwie macht das den Staat zum Unternehmen, und wie jedes Unternehmen gibt es einen Chef, ein paar Handlanger und jede Menge Mitarbeiter. Aber irgendwie geht die Rechnung nicht auf, irgendwie ist der Staat dann eben doch kein Unternehmen, das sein Angebot am freien Markt unter Beweis stellen müsste. Der Staat ist Monopolist, in erster Linie Monopolist der inneren und äußeren Sicherheit.

Das ist das Erbe des Ursprungs unseres modernen Staatswesens – weder schlagen wir uns innerhalb der Grenzen die Köpfe ein, noch werden wir von außen überrannt – der Staat wacht über unsere innere und äußere Sicherheit. Plotttwist: Nein, tut er nicht. Und da blinkt auch schon das rote Lämpchen, da klingelt es beim Verfassungsschutz, da prangen plötzlich die Lettern: Delegitimierung des Staates. Denn in Wahrheit kann der deutsche Staat diesen einen, grundlegenden Anspruch nach innerer und äußerer Sicherheit eben nicht mehr erfüllen. Er kann es nicht deshalb nicht, weil ihm die finanziellen Mittel dafür versagt bleiben würden, er kann es schlicht und ergreifend nicht, weil er keinen Bock mehr darauf hat.

Vor einem Jahr schwollen die Flüsse in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen an und rissen fast 200 Menschen in den Tod. Häuser, Straßen und Brücken wurden zerstört, und was uns jetzt vom Bundespräsidenten und anderen Staatsmitarbeitern als „Folge des Klimawandels“ verkauft wird, war in Wirklichkeit ein in diesen Breiten immer wiederkehrendes Naturereignis, auf das sich hätte vorbereitet werden müssen. Es wurde sich aber nicht vorbereitet, es wurde nicht gewarnt, und in der Folge war es die Solidarität des deutschen Volkes, die Hilfe der Nachbarn und der von weit hergereisten Helfer, die Schlimmeres verhinderte – und nicht der Staat. Der Staat hat sich um einen Scheiß gekümmert, wie jetzt, ein Jahr nach der Krise, zunehmend offensichtlich wird.

Wofür also Steuern zahlen, wofür die Schnauze halten, wofür durch ein Kreuz etwas legitimieren, das sich vor allem selbst delegitimiert? Dasselbe Spiel sehen wir gerade bei der Energieversorgung, bei der Infrastruktur, bei der Bahn – der Staat schwimmt in den Geldern, die er seinen Bürgern abgepresst hat, er lässt das alles nicht aus Armut vergammeln. Ein anderes Beispiel, weil es zur Annahme passt, dass der Staat ein Kind des Krieges ist, stellt die mangelnde Aufrechterhaltung des Zivilschutzes dar. Lassen wir mal unsere Bundeswehr außen vor, schauen wir uns mal einen Moment an, wie es um die stahlbetonierte Sicherheit der Deutschen bestellt ist.

Wie soll ich’s sagen: Es sieht nicht sehr gut aus – vor allem nicht im Vergleich mit solchen Ländern, denen die Sicherheit ihrer Bürger noch etwas bedeutet.

Schwule Ampelmännchen. So etwas funktioniert in Deutschland wie geschmiert, für so etwas kann Geld locker gemacht werden, dafür wird Arbeitskraft umgeleitet. Aber der Schutz der eigenen Bevölkerung vor konkreten Gefahren? Ich bitte Sie… Wir können es auch ein paar Nummern kleiner skalieren und damit der zivilen Lebensrealität der Deutschen passend auf den Leib schneidern: Überfüllter Regionalexpress, Oberleitungsstörung, ungewisse Wartezeit, auch nach 50 Minuten keine Durchsage mit näheren Informationen zur möglichen Weiterfahrt. Was wollen Sie machen? Nächstens nicht mehr mit der DB fahren? Bitte, suchen Sie nach einer Alternative. Aber hoffen Sie nicht darauf, dass der Staat „da nur mal richtig durchgreifen müsste“.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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