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Adventsandacht – Kekse, Glühwein und Erlösung?

6. Dezember 2023
in 2 min lesen

Die Adventszeit hat wieder begonnen. Endlich wieder Glühwein, Lebkuchen und zahlreiche Weihnachtsfeiern! So ungefähr sieht unsre zeitgenössische Adventskultur aus. Dabei wird oft vergessen, dass die Adventszeit eigentlich eine Fastenzeit ist. Natürlich ist Weihnachten ein Fest und auch die Adventssonntage weisen mit ihrer Feierlichkeit auf dieses hin, trotzdem ist die Vorbereitungszeit keine Festzeit. Wie dem Osterfest die Passionszeit vorhergeht, geht dem Weihnachtsfest der Advent vorher. Feiern wir an Weihnachten Jesus als das Licht das in die Finsternis gekommen ist, gedenken wir im Advent auch der Dunkelheit die uns umgibt und die auch in uns ist. So sind Adventslieder getragener und ernster als die fröhlichen Weihnachtslieder.

Ein sehr schönes Beispiel ist das Lied „Wie soll ich dich empfangen“ des Pfarrer Paul Gerhardt (1606-1676). Dort heißt es in der ersten Strophe:

„Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.“

Aus dem Text spricht die tiefe Ehrfurcht des Liederdichters vor Gott. Er weiß, dass er der Begegnung mit dem Höchsten eigentlich nicht würdig ist. Er weiß aber auch, dass Jesus zu ihm kommen möchte und es verlangt ihn nach der Begegnung mit ihm. In diesem Text schwingen so viele Gefühle mit, die wir heute kaum mehr kennen: Ehrfurcht, Verlangen nach dem Heiligen, das Gefühl unwürdig zu sein. Das hat sicher etwas damit zu tun, dass das Reine, das Heilige und Ehrfurchtgebietende zunächst aus der Politik und dem Alltag und schließlich sogar ganz aus unserer Kultur verbannt wurden. Das gilt natürlich für die woke Szene die das Groteske zelebriert und das Gute, Wahre und Schöne ablehnt, aber auch in Teilen für die rechte Szene wo ein gewisser Zynismus den Boden für ernstgemeinte Gefühle betoniert hat.

Das Gefühl der Ehrfurcht ist aber wichtig, auch wenn es nur der Anfang der adventlichen Reise ist. In einer weiteren Strophe heißt es:

„Auch dürft ihr nicht erschrecken
vor eurer Sünden Schuld;
nein, Jesus will sie decken
mit seiner Lieb und Huld.
Er kommt, er kommt den Sündern
zu Trost und wahrem Heil,
schafft, dass bei Gottes Kindern
verbleib ihr Erb und Teil.“

Advent ist eine Zeit um über die Finsternis nachzudenken. Es ist eine Zeit um seiner Sterblichkeit und Schuldhaftigkeit gewahr zu werden. Es ist aber auch eine Zeit der Hoffnung auf das kommende Licht. Paul Gerhardt, der während des 30-jährigen Krieges viel Leid und den Tod erlebt hatte und später 5 seiner 6 Kinder beerdigen musste, hat bei aller Ehrfurcht und Getragenheit niemals die Hoffnung aus dem Blick verloren. Für ihn war klar, dass die Begegnung mit Jesus, dem Licht der Welt, unsere Finsternis wegnimmt und uns unverdient frei von Schuld, Angst und Tod macht. Dies gilt bereits für den Gläubigen hier auf der Erde. In der Begegnung mit Gott empfängt er Vergebung, Zuversicht und Kraft. Mit den Worten der Bibel:

„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“

Johannes 3,16

und

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“

2. Timotheus 1,7

Es hat aber auch eine globale Perspektive. Advent wird vielleicht nicht in allen Ländern gefeiert. Aber die ganze Welt geht einem gemeinsamen Schicksal entgegen. Egal ob russischer Dorfbauer, amerikanischer Oligarch, arabischer Ölscheich, chinesischer Arbeiter oder deutscher KRAZ-Leser: Die letztendliche Perspektive von Advent betrifft die ganze Menschheit. Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet Advent soviel wie „Ankunft“ und thematisiert nicht nur die persönliche Begegnung mit Jesus im Glauben, sondern auch seine Wiederkunft zum Gericht auf dieser Erde.

Mit Gerhards letzter Strophe:

„Er kommt zum Weltgerichte:
zum Fluch dem, der ihm flucht,
mit Gnad und süßem Lichte
dem, der ihn liebt und sucht.
Ach komm, ach komm, o Sonne,
und hol uns allzumal
zum ewgen Licht und Wonne
in deinen Freudensaal.“

So ist die Adventszeit auch eine Zeit, sich mit dem Kommen Jesu zum Weltgericht zu befassen. Es ist eine Zeit zu entscheiden ob man ihm „fluchen“ oder sich der „Sonne“ und dem „ewgen Licht“ hingeben will. Eine Entscheidung die reiflich überlegt sein mag…

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen besinnlichen Advent.

Euer

Karl Napf

Karl Napf

Karl Napf vereint etliche Widersprüche in sich. Er ist badischer Protestant, anarchistischer Demokrat und libertärer Antikapitalist. Er strebt dem Ende seines Theologiestudiums entgegen und hegt große Sympathien für Erweckungsprediger wie Spurgeon, Whitefield oder seinen badischen Landsmann Aloys Henhöfer.

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