Es geht ein Gespenst um in den sozialen Netzwerken – das grüne Gespenst des Doppelstandards. Grüne, die den Bürgern versichern, es werde niemals eine Impfpflicht geben, Grüne, die gegen Atomstrom waren, Grüne, die ohne Masken auf dem Oktoberfest feiern, oder Grüne, die im Sinne ihrer feministischen Außenpolitik mit Saudi-Arabien Rüstungsgüter gegen Gas tauschen. Grüne, die seit dem Krieg in der Ukraine die Existenz und das Recht von Völkern entdecken, Grüne, die im Vergleich zu anderen Parteien am häufigsten fliegen, und Grüne, für die Geschlechter ein soziales Konstrukt sind, aber dennoch Grüne, die für Quoten sind. Die Liste ließe sich wahrscheinlich endlos fortführen, und nur wenige machen sich die Mühe, die alltäglichen Doppelstandards der Menge häppchengerecht zu servieren (wer ihn noch nicht kennt: @argonerd auf Twitter).
Die Angewohnheit der doppelten Standards ist bei den Grünen derart verbreitet, dass sie sich sogar im politischen Vorfeld der Grünen mittlerweile durchgesetzt hat. Ein „Zuckerl“ (wie man in Österreich sagt) an Beispiel lieferte dafür neulich die „Letzte Generation“:
Also gut, ein Beispiel noch für das umhergeisternde Gespenst: die Hierarchie der Opfer. Für die Grünen sind Migranten und „PoCs“ Opfergruppen, Deutsche, Weiße und Männer stets Täter. An den drogensüchtigen George Floyd erinnert sich wahrscheinlich noch jeder Grüne, der damals zu den Demonstrationen gegen rassistische Polizeigewalt in den USA aufgerufen hat. Schließlich ist er eine Art Märtyrer für die grüne Religion; ein unschuldig geschlachtetes Lamm.
Um den 25-jährigen CSD-Teilnehmer und Transmann aus Münster dagegen ist es nur wenige Monate nach seinem Tod verdächtig still geworden, obwohl auch er hoch im Kurs des Opfernarrativs steht. Allerdings handelt es sich bei demjenigen, der für den Tod der gebürtigen Frau verantwortlich ist, um einen 20-jährigen Tschetschenen. Damit ist der Transmann kein Märtyrer für die grüne Sache; sein Tod wird zum tragischen Unfall, weil der weiße Teufel seine Finger nicht im Spiel hatte.
Auch wenn die Existenz des Gespensts namens „Doppelstandard“ selbst den Grünen auf den Geist geht, bleibt es hartnäckig und verschwindet einfach nicht. Um seine Existenz zu verschleiern, müssen die Grünen von ihm ablenken, und sie wissen: Mehr noch als vor Gespenstern fürchtet man sich vor Gott und seinem Widersacher. Weil die grünen Gespenster abschreckend wirken, müssen sie den Glauben an einen noch abschreckenderen Gott und einen bösen Teufel verbreiten. Ist der religiöse Eifer erst einmal geweckt, fallen die Gespenster der doppelten Standards in den Predigten der Grünen gar nicht mehr auf.
Ja, die Ukraine ist ein Kriegsgebiet, und wir liefern nicht gerne Waffen. Aber wir machen das für den allmächtigen Frieden! Ansonsten holt das böse Russland uns als Nächstes! Oder: Ja, Atomstrom ist natürlich böse, und eine Deindustrialisierung ist schlecht für alle Deutschen. Aber das ist ein Opfer, das wir dem Klimawandel bringen müssen, oder er tötet uns in den nächsten fünf Jahren, fürchtet euch!
Der grüne Gott hat viele Namen: „Klima“, „Gendergerechtigkeit“ oder „Intersektionalität“ sind einige davon. Der grüne Teufel wird dagegen „Putin“, „Kohlekraftwerk“ oder „Rassismus“ genannt. Dem Gott der Grünen müssen Opfer gebracht werden, damit der Teufel am Tag des Jüngsten Gerichts (Klimawandel/Atomkrieg/Corona) nicht die Herrschaft über die Seelen behält. Dieser Kampf zwischen dem grünen Gut und Böse, zwischen dem grünen Gott und seinem Teufel, wird täglich ausgetragen. Ein Beispiel: Die Gunst des Klimagotts wird daran gemessen, wie kalt der Winter wird, nachdem uns der Teufel Putin quasi dazu gezwungen hat, ihm kein Gas mehr abzukaufen. Falls es aber zu warm wird, ist der Klimagott auch irgendwie wütend: Wenn wir ihm dann nicht unseren restlichen Wohlstand opfern, wird er vielleicht die Polkappen schmelzen lassen! Ganz Norddeutschland (oder ein anderer Teil der Welt – Pakistan oder das Ahrtal) wird dann unter Wasser stehen. An den Bau der Arche denkt bei den Grünen übrigens trotzdem niemand, solange mit Beten das Ruder nicht doch noch rumgerissen werden könnte.
Das Geniale an der Taktik der Grünen ist, dass die doppelten Standards ihre
moralingeschwängerte Panikmache nicht widerlegen. Vielmehr bestärkt es die Grünen noch in ihrer Agenda; sie nehmen die Gespenster in Kauf. Je schlechter es durch sie den Menschen geht, desto härter muss laut den Grünen ihr Teufel bekämpft und ihrem Gott geopfert werden.
Dem säkularen Vernunftmenschen bleibt angesichts dieser Strategie nur zu hoffen, dass seine Bestrebungen nicht der Zensur zum Opfer fallen (siehe die Berichterstattung, als der grüne Gott noch auf den Namen „Corona“ hörte). Er muss klarmachen, dass es eine Politik braucht, die „jenseits von Gut und Böse“ funktioniert. Aufklärung ist dafür die einzige Methode: Wenn die Angst vor dem grünen Gott dem Teufel erst einmal genommen ist, werden die Ablassbriefe der Grünen hinfällig und Integrität wieder eine gefragte Eigenschaft von Politikern. Erst dann lässt sich auch eine Außen-, Innen- und Klimapolitik verfolgen, die nicht von Opportunismus, irrationalen Ängsten und Moralin getrieben ist.
Zusammengefasst: Mit dem Tod des grünen Gottes verschwinden auch die grünen Gespenster, die sie selbst gerufen haben, jetzt aber nicht loswerden. Die Abwesenheit der grünen Gespenster wird man merken, auch wenn man sie nicht messen kann; auch nicht mit zweierlei Maß.