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Im Kanye Westen nichts Neues

15. November 2022
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Im Abendland schreitet der offensichtliche Niedergang weiter voran. Dennoch wird zwischen den Fronten erbittert gekämpft: Es wird um die Meinungshoheit gerungen. Die von den Linken gesetzten Themen „Gender“, „Klimagerechtigkeit“ und „Critical Whiteness“ übertreffen sich in ihrer Absurdität, während der Wohlstand weiter abnimmt und ein Krieg in Europa die Gemüter erhitzt und die Wohnungen kalt bleiben lässt. Die allermeisten in diesem Krieg nehmen die ihnen zur Verfügung gestellten Narrative dankbar an – sie fühlen sich auf der Seite „der Guten“, wenn ihnen dahergelaufene Pseudointellektuelle ihre Meinung vorkauen. Selber denken ist in einer militärischen Formation nun mal nicht angebracht.

Apropos Krieg und selber denken: Dass man das heutzutage gar nicht mehr unbedingt muss, zeigt die Netflix-Neuverfilmung des Buchromans „Im Westen nichts Neues“. Dort wird dem Zuschauer nicht allzu unterschwellig bewusst gemacht, wer der eigentliche Feind aller Kriegsteilnehmer ist. Nicht etwa das Gegenüber mit der Waffe in der Hand, sondern die bonzigen Generäle, welche die Soldaten für Ruhm und Ehre in den letzten 15 Minuten vor Kriegsende noch einmal in einem Angriff verrecken lassen, während sie sich darüber beschweren, dass das Croissant auf ihrem reich gedeckten Tisch schon einen Tag alt ist.

Obwohl dieses Narrativ runtergeht wie Öl – der Film karikiert sich selbst, wenn er dem Zuschauer das Denken abnimmt. Anstatt die Sinnlosigkeit eines brutalen Krieges zu demonstrieren, wird dem Zuschauer suggeriert, man schieße einfach auf die Falschen. Die Soldaten im Stellungskrieg um die Meinungshoheit allerdings verhalten sich nicht anders.

Dass es allzu menschlich ist, auf Autoritäten zu hören, die wohl schon wissen, was richtig ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Man hört auf Propheten, die mit immer dumpferen Parolen eine Anhängerschaft hinter sich versammeln können – die Friedensbestrebungen scheitern, und die Fronten verhärten sich. Dabei sind es gerade die Propheten, die irgendwann selbst zum Opfer ihrer Revolution werden. Danton, Alice Schwarzer, J. K. Rowling und Reinhard Mey, das hatten wir schon mal.

Eine Niedergangserscheinung unserer heutigen Zeit ist es allerdings, dass die Propheten immer dümmlicher werden und offensichtlich nicht als Vorbilder oder Autoritäten gelten dürften. Die in letzter Zeit zu Recht in Ungnade gefallenen Propheten zeugen davon: Die ehemalige Berufsminderjährige und ‑schulschwänzerin Greta Thunberg machte sich letzten Monat der Häresie schuldig, als sie Atomstrom als eine Alternative zur Kohle bezeichnete. Für die Anhänger der mal mehr und mal weniger kommunistischen Weltuntergangsangstmacher ein herber Schlag, schließlich verließen sie sich sonst so sehr auf ihre inzwischen erwachsen gewordene „Autoritäts“person.



Den Vogel abgeschossen hat allerdings der US-Rapper Kanye West, den viele Konservative als einen der ihren ansahen, weil er Donald Trump unterstützt, sich gegen das Narrativ des (ebenfalls zu Unrecht zum Propheten erhobenen) „Helden“ George Floyd stellt und auf einer Modemesse ein T-Shirt mit der Aufschrift „White Lives Matter“ trug. Obwohl „weiß sein“ selbstverständlich und ganz ohne Zweifel ein soziales Konstrukt ist, versteht die tonangebende progressive linke Bewegung darunter ungefähr all diejenigen Menschen, die – wer hätte es gedacht – weiß sind. Die Ideologie dahinter lautet ungefähr: weiß = Unterdrücker = böse, schwarz = Unterdrückte = gut. Ob diese Weißen überhaupt Kolonien hatten (Präteritum) oder in ihrer Heimat selbst Pogromen und Unterdrückung ausgesetzt waren, spielt für die Linke keine Rolle, insofern sie sich nicht mit einem erfundenen Geschlecht identifizieren. Kein Wunder also, dass auch Antisemitismus in den meisten linken Lagern unter der Fahne der antiweißen Ideologie längst keine verpönte Meinung mehr ist.

Wer nun allerdings glaubt, Kanye West würde sich gegen diesen Irrsinn positionieren, der liegt falsch. In einem Podcast verkündete er jüngst, dass sich die „jüdischen Medien“ gegen die schwarze Bevölkerung verschworen hätten, außerdem glaube er nicht an das Wort „Antisemitismus“. Auf Twitter begründete er diese Aussage, schließlich könne er „eigentlich kein Antisemit sein, weil Schwarze eigentlich Juden sind …“. Unterstützung erhielt er dabei vom US-Basketballstar Kyrie Irving, welcher ebenfalls der Überzeugung ist, dass die echten Juden schwarz sind. Dieses Narrativ stammt von den „Black Hebrew Israelites“, die behaupten, die direkten Nachfahren antiker Israeliten zu sein. Eine gängige Meinung der „Schwarzen Hebräer“ ist es übrigens auch, dass Weiße das personifizierte Böse sind und deshalb den Tod verdienen.

Was alles wie ein großer Witz ohne Pointe klingt, führt in den USA zwar zum Platzen von Werbedeals für die Aktivisten/falschen Propheten Vollidioten, allerdings müssen nach Drohungen dort nun Polizisten vor Synagogen patrouillieren.

Es spricht nicht für die meisten Menschen, dass eine breite Masse sich von solchen Individuen blenden lässt oder sich ihre Meinungen zu Herzen nimmt. Warum man sich mit seiner politischen Meinung überhaupt auf ahnungslose Schulschwänzer, Basketballer und Rapper stützen muss, bleibt wohl ein großes Rätsel unserer Zeit. Die einfachste Erklärung ist, dass die Menschen wohl einfach nicht mehr selber denken wollen. Die kompliziertere Antwort hat wohl mit Twitter, TikTok und anderen sozialen Medien zu tun.

Leider verkaufen sich Erzählungen besser, wenn ihnen ein klares „Gut“ und „Böse“ vermittelt wird, das ihnen das Selberdenken abnimmt. Wenn sich das blindgläubige Volk von diesen immer dümmeren Propheten emanzipieren könnte, dann würde das den allgemeinen Stellungskrieg wohl auflockern, und einige Fronten könnten sich auflösen. Ein Wunschdenken, für das es sich zu kämpfen lohnt – nur wie, ist die Frage…

PhrasenDrescher

Der Phrasendrescher - wie könnte es anders sein - promoviert derzeit interdisziplinär in der Philosophie und der Politikwissenschaft. Als glühender Verehrer von Friedrich Nietzsche weiß er, dass man auch Untergänge akzeptieren muss und arbeitet bereits an der Heraufkunft neuer, stärkerer Werte.

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