Eines will ich direkt zu Beginn klarstellen: Es geht hier nicht um Sozialpatrioten. Innerhalb des rechten Lagers gibt es bei kaum einem Thema ein größeres Meinungsspektrum als bei der Wirtschaft. Puritanismus in dieser Hinsicht können wir uns weder leisten, noch stünde mir der Sinn danach, könnten wir das. Es geht mir hier um Altlinke, also den Typus Wagenknecht. Die Leute, für die „Sozialstaat soll auf sein“ die oberste Priorität ist, und danach kommt lange nichts. Deren politische Überzeugungen, was Migration, Kultur et cetera angeht, nicht einmal wirklich als solche bezeichnet werden können, sondern eher als Präferenzen, sprich: die mit einem araboafrikanischen Deutschland prima leben könnten.
Mit den Altlinken werden wir mit einem neuen Gegner konfrontiert: einem, der unseren Zielen im Gros nicht geradeheraus feindlich, sondern indifferent gegenübersteht. Was natürlich sofort die Frage aufwirft: Warum sind sie dann überhaupt unsere Gegner? Diese Gegnerschaft ergibt sich aus der Beschaffenheit des politischen Spielfeldes, die von offenen Feinden unserer Interessen bestimmt wird. Machen wir es direkter: Es ist für jeden, der politische Ziele verwirklichen will, in unserem von der woken Schickeria geprägten System einfach opportun, sich ihrem Willen nicht wirksam in den Weg zu stellen, denn sonst wird man bekämpft. Und wenn die Ablehnung der woken Agenda, verglichen mit den übergeordneten Zielen, die man verfolgt, eher eine Präferenz als eine tiefe Überzeugung ist, liegt es sogar nahe, mit dem Establishment teilweise zu paktieren. In der Praxis sehen wir genau das gerade am Beispiel der Wagenknecht-Partei sowie ihrem politischen Vorfeld, soweit ein solches schon existiert.
Vor Kurzem habe ich hier ja schon über den Vorstand geschrieben, den Wagenknecht aus woken Wortführern der untergehenden Linkspartei rekrutiert hat: Amira Mohamed Ali, die offene Grenzen fordert und Abschiebungen generell ablehnt, als Parteichefin, Christian Leye, der Sea-Watch staatlich finanzieren will, als Vize – die Marschrichtung ist klar. Den woken Medien und Thinktanks hat man mit diesen Personalien klar signalisiert: „Keine Sorge, wir tun euch nichts.“ Gleichzeitig betreibt man aber ein perfides Spiel mit der öffentlichen Meinung, der man das Gegenteil vorgibt, nach dem Motto: „Hier kommt die wirtschaftlich linke Anti-woke-Partei.“
Genau dabei kommen die Medien wieder ins Spiel, und hier liegt auch die Perfidie: Ein Artikel nach dem anderen spricht in leicht besorgtem Ton von der harten Linie, die die Partei in Sachen Migration vertrete, ohne allerdings, wie bei der AfD, scharf zu schießen und die Partei als neofaschistische Schlangengrube hinzustellen – und macht damit effektiv Wahlwerbung für sie, womit man den eigentlichen Feind gleichzeitig empfindlich schädigen kann, indem man ihren Markenkern der Gegnerschaft zum Wokeismus einer harmlosen Alternative zur Alternative anheftet, ohne dasselbe mit dem extremistischen Mief zu machen, mit dem man den echten Widersacher seit Jahren verknüpft. Genau darauf setzt Wagenknecht, es ist eine Symbiose.
Sie zerschlägt all unser liebevoll gesammeltes Porzellan aber gar nicht aus Hass auf die AfD oder Konservative. Vermutlich steht sie AfD-Positionen in den meisten gesellschaftlichen Punkten sogar tatsächlich näher als woken. Sie tut es, weil sie die Chance wittert, ihr einziges wirklich leidenschaftlich vertretenes Anliegen, in Strombergs Worten: „Fick das Kapital“, endlich entscheidend voranzubringen.
Sie weiß, dass das Gros der Gesellschaft, insbesondere die Arbeiterschicht, die Nase voll von Migration und Genderideologie hat, genauso wie es wieder die Heizung auf vier drehen können will, ohne vorher ängstlich aufs Konto zu schauen. Sie weiß gleichzeitig, dass der wirkliche Kampf gegen „Team Umvolkung“ in der Vernichtung ihrer sozialen Existenz münden und sich genauso mühsam, verlustreich und langwierig gestalten würde, wie er das bei der AfD seit einem knappen Jahrzehnt tut, und zwar egal, ob man das Bürgergeld gleichzeitig durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen oder durch den nett gemeinten Rat „geh arbeiten, du fauler Sack“ ersetzen will.
Deswegen führt sie ihn als Schaukampf für die Masse auf ihrem YouTube-Kanal, während sie den Mächtigen klar und deutlich signalisiert: „Wir sind keine Feinde. Zwar auch keine Freunde, aber unsere Interessen überlappen sich in einem zentralen Punkt: Ihr wollt den AfD-Balken klein und ich den BSW-Balken groß.“
Es ist an der Gegenöffentlichkeit und der AfD, diese Symbiose aufzudecken und zu durchkreuzen. Zum einen muss die Glaubwürdigkeit der Partei immer wieder angegriffen werden, und zwar spezifisch bei den Themen Migration und Wokeismus. Das Personal der Partei, insbesondere Parteichefin Amira Mohamed Ali und Vize Christian Leye, aber auch Ulrike Guérot, bietet dazu Angriffsfläche ohne Ende. Zum anderen muss so auch ein äußerer Druck nach rechts hin entstehen, der die Partei innerlich entzweit: Wagenknecht muss, wann immer es geht, mit dem gecucktesten Scheiß konfrontiert werden, den ihre Mitstreiter so raushauen. Diese müssen gleichzeitig immer wieder an der härtesten Auslegung von Wagenknechts Positionen gemessen und von rechts unter Rechtfertigungsdruck gesetzt werden, was ihre politische Gesinnung angeht.
Ulrike Guérot war vor Kurzem sogar schon in einer solchen Situation, als sie in einer NIUS-Talkrunde auf ihre „Vision von europäischer Grenzenlosigkeit“ angesprochen wurde. Sie druckste herum, kam nicht umhin, ihr geisteskrankes Konzept aus dem Jahr 2016 zu rechtfertigen, und schloss dann doch mit „aber natürlich will ich das nicht eins zu eins umsetzen“. „Du bist (gesellschaftlich) zu rechts, erklär dich!“ ist seit Jahren der Status quo für jeden rechts der SPD, und zwar aus gutem Grund: weil es funktioniert. Im Falle der Wagenknecht-Partei und ihres Personals muss genau dieser Spieß umgedreht werden: Sie müssen unter ständigem Druck stehen, sich von woke zu distanzieren.