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Reden wir über Kapitalismus – Nachtwächter ohne Laterne

24. Juni 2022
in 3 min lesen

Privateigentum, dezentrale Produktion und Preisbildung an freien Märkten – diese drei Bedingungen konstituieren das, was man gemeinläufig als „Kapitalismus“ bezeichnet. Im Laufe der letzten Monate habe ich zu diesem Thema einige Artikel veröffentlicht. Bevor wir heute also das Kapitel „Dezentrale Produktion“ abschließen, möchte ich etwas Ordnung in den Wust bringen, denn ich gedenke, meine Reihe auch in Zukunft fortzusetzen.

Den Auftakt finden Sie hier.

Was ist Privateigentum, was leitet sich daraus für Mensch und Kultur ab und wieso wollen die Marxisten es abschaffen? Die Antworten finden Sie hier, hier und hier.

Wie sich Privateigentum (oder das Fehlen davon) auf die Produktion auswirkt, wie sich eine Produktion wiederum aufgliedert, welche Vorteile eine dezentrale gegenüber einer zentralen Produktion hat, lesen Sie hier, hier, hier und hier.

Heute wollen wir den Komplex der Produktion abschließen, und dabei klingeln uns noch die weitsichtigen Worte Wilhelm Röpkes im Ohr, mit denen der letzte Artikel endete: All der Massenwohlstand, all die Überversorgung wird den Westen und seine Vorstellung vom freien, selbstbestimmten Individuum nicht vor der Anmaßung des Sozialismus schützen. Man mag die Küchen, Wohnzimmer und Garagen der Menschen verändern, nicht aber deren Köpfe. Röpke sollte recht behalten. 30 Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks ist der Sozialismus im Westen so fest etabliert wie nie zuvor.

Ein übermächtiger Staat mischt sich über seine Handlanger im Medien- und Kulturbetrieb in das Privatleben jedes Einzelnen ein. Intimste Entscheidungen werden nun öffentlich ausgebreitet und hemmungslos seziert. Jeder noch so banale Gang zum Kiosk um die Ecke ist gesäumt von politischen Bekundungen. Wo vor 40 oder 80 Jahren die Parteibanner die Allmacht der politischen Elite zementierten, stehen, kleben oder flattern jetzt auf jedem Supermarktparkplatz, auf jedem Rathausturm, in jeder Bahnhofshalle die Regenbogenbanner.

Von Adam Smith stammt die Feststellung, dass nicht das Wohlwollen der Produzenten, sondern deren Eigennutz unsere Bedürfnisbefriedigung sicherstelle. An dieser Feststellung stören sich Linke wie Rechte, denn so etwas wie Egoismus – und dann noch in Form eines schnöden ökonomischen Selbstinteresses – läuft jeder kollektiven Wertvorstellung entgegen. Und selbstverständlich hat auch der Egoismus seine Grenzen überall dort, wo das Interesse des Einzelnen eben nicht die Bedürfnisse der Masse sicherstellen kann. Eine Stadtmauer, eine Kanalisation, eine Straße – für den Einzelnen sind das ungeheure Ausgaben, die sich ökonomisch allerdings kaum oder gar nicht rechnen. Hier kommt es dann sprichwörtlich „auf jeden“ an. Eine Tatsache, die Adam Smith nicht entging! Auch sein „Nachtwächterstaat“ war ja immer noch Staat und erfüllte Aufgaben, produzierte also im abstrakten Sinne Güter, die in dieser Form oder Funktion nicht auf dem freien Markt erhältlich waren. Innere und äußere Sicherheit ist das wohl grundlegendste Gut, für dessen „Produktion“ der Staat verantwortlich ist – für den deutschen Staat im Jahre 2022 ist diese ganz banale Feststellung im Angesicht offener Grenzen, voller Freibäder und leerer Waffendepots wahrscheinlich schon so etwas wie „Delegitimierung“.

Die Energieversorgung ist im 21. Jahrhundert eine hochbrisante Frage, und wenn sich unser aus allen Nähten platzender Staat für eine Sache wirklich ins Zeug legen sollte, dann für die Sicherstellung der zuverlässigen Versorgung aller Haushalte, Produzenten und Einrichtungen mit Energie. Ist das bei Steuersätzen von 14 bis 42 Prozent zu viel verlangt? Anscheinend schon.

Unser Staat hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten unter dem maßgeblichen kulturellen Einfluss der Grünen aus der sicheren (und günstigen!) Energieversorgung mit Kohle- und Atomenergie zurückgezogen und steht jetzt, acht Jahre nach dem inoffiziellen Ausbruch des Ukrainekrieges, vor einem gewaltigen Versorgungsproblem. Der zum Feind auserkorene Russe drosselt überraschenderweise die Zufuhr von billigem Gas – dieser Unhold! Das ist nicht zuletzt deswegen ein Problem, weil das knappe Gas nicht nur zum Heizen, sondern dank der witterungsbedingten Unzuverlässigkeit der „erneuerbaren Energien“ auch zur Verstromung genutzt werden muss. Wer konnte das bloß ahnen? Während die Kohle- und Atomenergie unser Land über Jahrzehnte zuverlässig versorgte und auf diesem Sektor beinahe autark dastehen ließ, sind wir beim Bau sowohl von Fotovoltaik- als auch von Windkraftanlagen auf das Wohl und Wehe fremder Ressourcenschöpfer und Hersteller angewiesen. Raten Sie mal, wer das sein könnte…

Die FDP scheint „ihren“ Adam Smith lange nicht mehr gelesen zu haben, die SPD kann ihr Unwissen wenigstens auf den Umstand schieben, dass es den „Wohlstand der Nationen“ nicht in leichter Sprache gibt. Die Grünen nehmen den Teil mit dem „Nachtwächterstaat“ hingegen wörtlich. Dass Robert Habeck während der nächsten Dunkelflaute ein Licht aufgeht, darf aber bezweifelt werden.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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